Wie wirksam ist Dehnen / Stretchen als Verletzungsprophylaxe und zur Leistungssteigerung?
Dehnungsübungen sind schon lange ein Bestandteil des sportlichen Trainings. Es gibt mittlerweile sehr viele unterschiedliche Methoden, die sich in ihren Anweisungen teilweise ähneln, oft jedoch auch völlig widersprechen.
Bevor die Stretchingmethode aufkam, dehnte man eher intuitiv. Oft waren auch dynamische und schwungvolle Dehnungen in den Gymnastikprogrammen enthalten, bis die Stretching-Philosophie alle Arten von dynamischen Dehnungsübungen als unwirksam betrachtete.
Stretching ist ein Form des statischen Dehnens, bei der man die Muskulatur bis zum maximal möglichen Gelenkwinkel dehnt und diese Dehnung einige Sekunden hält. Davon absolviert man dann mehrere Wiederholungen. Schwungvolles-dynamisches Dehnen soll den Dehnreflex der Muskelfasern auslösen.
Dieser Reflex dient als Schutzvorrichtung, die die Fasern bei plötzlicher Dehnung maximal anspannt und diese damit vor dem Zerreißen schützt. Da dieser Reflex eine weitere Dehnung verhindert, solle man besser statische Dehnungsübungen ausführen, laut Stretchingmethode.
Die Dehnungsmethoden wurden immer mehr erweitert und es kamen neue Elemente hinzu, wie z. B. eine maximale Anspannung der Gegenspieler der zu dehnenden Muskeln vor jeder Dehnung.
Welche Wirkung erhofft man sich vom Dehnen?
Die Hauptgründe, weshalb Sportler Dehnungsübungen ausführen, sind folgende:
- Senkung der Ruhespannung und des Muskeltonus zur Steigerung der Flexibilität
- Verlängerung der Muskulatur bzw. Verhindern von Verkürzungen
- vor dem Training als Verletzungsprophylaxe und zur Leistungssteigerung durch ein besseres Aufwärmen der Muskelfasern
- nach dem Training, um Muskelkater zu verhindern
- Verbesserung der Beweglichkeit durch eine Erweiterung des maximalen Gelenkwinkels
Das sind die häufigsten Gründe, weshalb Sportler aller Kategorien und Altersklassen Dehnungsübungen in ihr Training einbauen. Doch gibt es da seit einigen Jahren auch Stimmen aus der Fachwelt, die behaupten, dass Dehnen nicht zu den gewünschten Effekten führt!
Ein kurzer Exkurs in Muskelanatomie
Die Muskelfasern sind die funktionellen Einheiten unserer Muskeln. Sie verlaufen in Längsrichtung im Muskelbauch und sind zu Muskelfaserbündeln zusammengefasst, die jeweils von strumpfähnlich- verwobenen, straffen Bindegewebefäden umhüllt sind. Damit sich die Muskelfasern zusammenziehen können und dadurch Muskelkraft entfalten, werden sie vom Nervensystem mittels einer informierenden Nervenbahn zur Kontraktion stimuliert.
Die eigentliche Kraftentfaltung durch das Zusammenziehen geschieht in den Myofibrillen, die in einzelne Kammern, die Sarkomere unterteilt sind, die man auch als „Kraftkammern“ der Muskelzelle bezeichnen kann. Diese sind in Längsrichtung nacheinander angeordnet und enthalten in ihrer Mitte die kontraktilen Fasern, die Myosin- und Aktinfilamente, die ebenfalls in Längsrichtung verlaufen.
Die Myosin- und Aktinfilamente verlaufen parallel und überlappen sich leicht. Sobald der Impuls des Nervensystems diese kontraktilen Proteinfasern stimuliert, ziehen sie sich zusammen, bzw. schieben sich ineinander, so ähnlich wie man ein Fernrohr oder eine Antenne zusammen schieben kann. Dadurch erhöht sich die intramuskuläre Spannung und der Muskel erzeugt Kraft.
Damit diese Muskelspannung nicht dauerhaft bestehen bleibt, hat die Muskelfaser interne Mechanismen, die dafür zuständig sind, dass sich die beiden Filamente nach der Kontraktion wieder in ihre Ausgangsposition bewegen.
Titin ist die Quelle der muskulären Elastizität und Ruhespannung
Ende der 70er Jahre wurden sogenannte „tertiäre Filamente“ entdeckt und als eigentliche Quelle der Elastizität und Ruhespannung des Muskels identifiziert. Die tertiären Filamente befinden sich zum größten Teil im Inneren der Muskelfaser, teilweise aber auch in der äußeren Membran.
Besonders hervorzuheben sind hier die hochelastischen Tintinfilamente, die den drittgrößten Anteil des gesamten Muskelproteins ausmachen. Sie verlaufen im Inneren der Muskelfasern, parallel mittig zwischen den Aktin- und Myosinfilameten, wobei auf 1 Myosinfilament 6 Titinfilamente kommen. Die elastische Kraft des Muskels ist also 6 mal höher als seine Kontraktionskraft!
Die Titinfilamente haben die Aufgabe, die Aktin- und Myosinfilamente nach der Kontraktion wieder in ihre Ausgangsposition zu bringen. Dazu dient ihre Elastizität als Speicher der Kraft, die durch die Muskelkontraktion erzeugt wird: Das aktive Zusammenziehen der Myosin- und Aktinfilamente erzeugt eine Spannung und Dehnung in den Titinfilamenten, die diese aufgrund ihrer elastischen Eigenschaften aufnimmt.
Nachdem der Impuls zur Muskelkontraktion abgeklungen ist, zieht die gespeicherte Spannung die beiden kontraktilen Filamente wieder auseinander, so ähnlich wie ein Gummi, den man in die Länge zieht und wieder gehen lässt.
Titin hat eine konstante Grundelastizität
Die Titinfilamente sind die Quelle der Muskelelastizität und haben die Aufgabe die Muskelfasern nach jeder Kontraktion immer wieder in ihre Ausgangslänge zu bringen. Das elastische, gummiartige Verhalten des Proteins Titin ist hierzu optimal geeignet. Damit es seine Aufgabe auch langfristig erfüllen kann, ist eine stabile Grundelastizität notwendig. Würde diese sich mit der Zeit abnutzen, schwächer werden und irgendwann ganz ausleiern, dann blieben unsere Muskelfasern dauerhaft kontrahiert.
Die Elastizität des Titins ist ein konstanter Wert, der sich weder abnutzt noch an dauerhafte Dehnungen gewöhnt. Würden Dehnungsübungen die Ruhespannung und Elastizität des Titins herabsetzen, dann hätte die Natur sich hier einen massiven Fehler erlaubt!
Einige Untersuchungen haben sogar das Gegenteil ergeben: Dehnungsübungen können die Grundelastizität und Ruhespannung der Muskelfasern erhöhen, so ähnlich wie dies beim Krafttraining der Fall ist.
Die nachgewiesenen Wirkungen von Dehnungsübungen
1. Senkung der Ruhespannung und des Muskeltonus zur Steigerung der Flexibilität
In Bezug auf die Senkung der Ruhespannung und Elastizität der Muskelfasern haben Dehnungsübungen keine förderliche sondern eher eine gegenteilige Wirkung: Regelmäßiges Langzeitdehnen wirkt so ähnlich wie ein Muskeldickenwachstumstraining auf das Spannungsverhalten unserer Muskeln.
Sowohl durch Krafttraining als auch durch intensives Langzeitdehnen von mehreren Trainingseinheiten pro Woche über 2-3 Monate werden aus Schutz vor hoher Dehnungsspannung mehr Myosin- und Aktinfilamente gebildet. Auf jedes neue Myosinfilament kommen 6 neue Titinfilamente, die Ruhespannung steigt also eher an.
2. Verlängerung der Muskulatur, bzw. Verhindern von Verkürzungen
Da die Titinfilamente eine konstante Grundelastizität haben, nehmen diese immer wieder ihre Ausgangsposition ein, egal wie häufig der Muskel gedehnt wird. Die einzige Möglichkeit einen Muskel länger zu machen wäre, die Fasern so zu stimulieren, dass die Myofibrillen ein Längenwachstum erfahren, was bei passiven Dehnungsübungen nicht der Fall ist.
Ein isometrisches Hypertrophietraining, bei dem der Zielmuskel in eine maximale Dehnungsposition gebracht wird und dann gegen einen Widerstand in Richtung der konzentrischen Muskelaktivität angespannt wird, soll eine Muskelverlängerung bewirken.
3.Vor dem Training als Verletzungsprophylaxe und zur Leistungssteigerung durch ein besseres Aufwärmen der Muskelfasern
Wiederholt wurde beobachtet, dass statisches Dehnen vor dem Training oder Wettkampf die Verletzungsanfälligkeit eher steigert als senkt. Bei intensivem Dehnen in der Aufwärmphase können Mikrotraumen in den Muskelzellen entstehen und die Belastungsgrenzen der passiven Strukturen überfordern.
Zudem wird bei intensivem, statischen Dehnen die Durchblutung des Muskels unterbrochen, was ein optimales Aufwärmen erschwert und die Verletzungsanfälligkeit beim späteren Training erhöht. Bei dynamischem-schwungvollen Dehnen ist die Verletzungsanfälligkeit nicht so stark erhöht, wie beim statischen Dehnen.
Zur Leistungssteigerung ist statisches Dehnen vor Höchstleistungen ebenfalls nicht optimal: Studien haben gezeigt, dass es besonders bei Schnellkraftleistungen zu einem Leistungsabfall kommt, der noch bis zu 60 Minuten nach der Dehnung anhält. Im 40m Sprint kam es durchschnittlich zu einer Verschlechterung von 0,14 Sekunden und im Sprung zu einem Leistungsabfall von 4%! Auch hier wirkte sich dynamisches Dehnen nicht so negativ aus, wie statisches Dehnen.
4. Nach dem Training, um Muskelkater zu verhindern
Statisches Dehnen kann einen genauso intensiven Muskelkater erzeugen, wie Muskeltraining. Aufgrund der hohen Dehnungsspannungen kommt es zu Mikrotraumen an den Muskelfasern, was auch bei intensivem Muskeltraining geschieht und in beiden Fällen zu Muskelkater führt. Das haben Tests ergeben, bei denen Sportler über mehrere Wochen ein Krafttraining für die Beine absolvierte und danach nur mit einem Bein Dehnungsübungen ausführte. In fast allen Fällen war der Muskelkater in dem gedehnten Bein intensiver. Statisches Dehnen ist demnach nicht optimal geeignet, um Muskelkater vorzubeugen.
5. Verbesserung der Beweglichkeit durch eine Erweiterung des maximalen Gelenkwinkels
Im Rahmen eines Aufwärmeffektes lässt sich der maximale Gelenkwinkel während der ersten 3-5 statischen Dehnungen um bis zu 8% steigern, obwohl die muskuläre Ruhespannung dadurch nicht gemindert wird. Als Hauptgrund für dieses Phänomen wird eine Gewöhnung des Sportlers an den maximalen Dehnungsschmerz angesehen. Für Sportarten, bei denen ein maximaler Gelenkwinkel wichtig ist, wie z. B. beim Ballett machen submaximale, vorsichtig ausgeführte Dehnungen vor dem Training durchaus Sinn.
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Fazit
Leider führt fleißig ausgeführtes, regelmäßiges Dehnen meist nicht zu den erhofften Zielen und kann sich im schlimmsten Fall sogar negativ bis hin zu schädlich auswirken. Um sich optimal für ein Training oder eine Höchstleistung aufzuwärmen und vorzubereiten, ist statisches Dehnen eher schlecht geeignet, besonders bei Schnellkraftleistungen.
Ein Schwungvolles, dynamisches Dehnen bringt weniger Nachteile, aber auch kaum Vorteile mit sich. Deshalb stellen sich die Fragen: „Was möchte ich erreichen?“ und „Welche Methoden sind dazu geeignet?“. Beim Aufwärmen für eine Sportart, ein Training oder einen Wettkampf kann man mit anderen Methoden als Dehnen die gewünschten Ergebnisse erzielen.
Selbst, wenn Dehnungsübungen nicht das bewirken, was man beabsichtigt hat, kann es dennoch sein, dass sie zum Wohlbefinden und zu einem besseren Körpergefühl beitragen. Schließlich sind Streck- und Dehnungspositionen auch ein wesentlicher Bestandteil vieler Arten der Körper- und Energiearbeit, wie z. B. beim Yoga.
Hallo Jens,
vielen Dank für den interessanten Artikel.
Das Thema Dehnen ist ziemlich umstritten. Deine Ausführungen und Dein Fazit widersprechen (noch) dem Mainstream, aber gerade deswegen sind sie lesenswert. Eine längere Abhandlung zu dem Thema findet man auch unter http://swiss-functional-training.ch/?p=791. Dort kann auch ein ca. 200 Seiten langer Text zu diesem Thema heruntergeladen werden. Der Autor hat sich sehr detailliert mit dem Thema Dehnen auseinandergesetzt und kommt im Prinzip zu den gleichen Ergebnissen wie Du.
Dehnst Du Dich noch (ggf. ab und zu)?
Ich beschränke mich im Wesentlichen nur noch auf bestimmte Mobilisationsübungen (insb. Hüftgelenk). Dehnübungen nehmen immer mehr ab, allerdings mache ich noch einige wenige, wohl wegen Deines letzten Punktes im obigen Artikel(Wohlbefinden).
Viele Grüße
Peter
Hallo Peter,
herzlichen Dank für Deine schöne Rückmeldung und auch für den Tipp mit dem Download, das werde ich mir gleich anschauen.
Ich persönlich habe mich mit intensivem Dehntraining noch nie wohl gefühlt, mache aber Streck- und Yogaübungen rein nach Gefühl. Ansonsten mache ich auch viele Mobilisationsübungen, hier auch wie Du schwerpunktmäßig Hüftgelenke und Beckenbereich.
Ansonsten experimentiere ich schon länger intensiv damit die Muskulatur in Verlängerung zu trainieren. Dazu orientiere ich mich an der Vorgehensweise von Dr. Walter Packi: http://www.biokinematik.de.
Liebe Grüße,
Jens
Danke für den Link, Jens! Ich hatte bereits vor einiger Zeit auf der Seite biokinematik.de schon mal gelesen. Entweder hattest Du bereits in einem deiner früheren Artikel einen Hinweis darauf gegeben oder ich bin über andere Quellen darauf aufmerksam geworden. Ist ja auch egal :-).
Von Dr. Packi gibt es, glabe ich, keine Bücher. Ich meine damals gelesen zu haben, dass man die Praxis quasi life erleben muss, anstatt es aus den Büchern zu lernen (oder so ähnlich). Wie sieht Dein intensives Experimentieren mit der Biokinematik aus? Ich finde den Ansatz sehr interessant.
Viele Grüße!
Peter
Hallo Peter,
die Grundidee ist, einen Muskel in die maximal gestreckte Position zu bringen, ähnlich wie beim Dehnen, und ihn dann isometrisch in die konzentrische Bewegungsrichtung anzuspannen. Von Dr. Packi selbst kenne ich nur zwei Übung die Reklination und die Vorbeuge. Weitere Inspirationen findet man auf http://www.five-konzept.de. Die bieten Kurse an basierend auf der Kinematik nach Dr. Packi.
Des Weiteren kann ich die Übungen von Pavel Tsatsouline, die er in der DVD Loaded Stretching zeigt, dazu empfehlen, ich führe sie halt nicht so aus wie Pavel, sondern nach den Richtlinien von Dr. Packi, das heißt längere Haltezeiten, teilweise bis zur Muskelermüdung. Das Blöde ist nur, dass die DVD völlig überteuert ist, aber der Inhalt ist wirklich top.
Ansonsten einfach autodidaktisch und nach Gefühl vorgehen,
liebe Grüße,
Jens
Hi,
von Walter Packi gibt es inzwischen das Buch “Die Biokinematik – Bewegung gegen Schmerz”. Siehe: http://www.biokinematik.de und zu beziehen ueber: info@biokinematik.de
Ich gruesse dich, lieber Freund.
Danke fuer deinen Artikel und fuer deinen unermuedlichen Fleiss.
Die Chinesen haben von jeher eine ziemlich klare Meinung zum Thema Dehnen, und da wir von den Erfahrungen Erfahrener – seien sie gut oder schlecht – lernen koennen und sollten, lohnt es sich einen Blick auf die traditionellen Trainingsmethoden zu werfen.
In China deht man sich als Anfaenger ziemlich radikal, oder man wird gedehnt, was recht oft einer Folterung nahe kommt. Im Reich der Mitte vertritt man den Standpunkt, dass das Ertragen von Schmerzen zum Training gehoert. Das ist auch nicht ganz verkehrt. Wenn man den Methoden der Lehrer keinen Widerstand entgegenbringt und ihnen vertraut, veraendert sich sehr schnell die eigene Wahrnehmung. Das Dehnen wird dann zu einer Herausforderung, der man sich stellt.
Der Unterschied zwischen den alten Meistern und den modernen Trainern liegt oft in der Statistik. Das heißt, heute werden die Methoden recht oft zu Lasten des Koerpers durchgesetzt, ohne die Mechanismen genau zu verstehen. Es gibt genug Anwaerter auf eine Schuelerstelle und unter denen befinden sich viele mit einer Physis, welche die kruden Methoden besser verkraften als andere.
Traditionell gesehen gehen Kraeftigung, Dehnung und Kraftabgabe immer Hand in Hand. Alles was man dehnt, muss auch gekraeftigt werden, und damit man beide Teile nutzbringend verwenden kann, schaltet sich die Kraftabgabe hinzu. Die Kraftabgabe wird durch den gedehnten Organismus effizienter und durch den einen starken Organismus effektiv.
Die Chinesen, die sich der Kampfkunst (KK) widmen, vollfuehren oft uebertriebene Stellungen. Diese enthalten einen Großteil der Dehnelemente, die nicht alle als separate Einheit geuebt werden. Frueher wurde unterschieden zwischen diesen extremen Haltungen und der gemaeßigten, die dann als die eigentliche Kampftechnik fungierte. Heute werden die uebertriebenen Positionen Selbstzweck, was den Sinn der Uebung verfaelscht und dem Koerper langfristig keinen Nutzen bringt. Da man diese ueberdehnten Haltungen durch Noten oder Punkte belohnt, wurden und werden sie immer extremer. So erhaelt man sehr weiche Athleten (eigentlich Akrobaten), die jedoch ueber keine Kraft mehr verfuegen. Sie sind ein wenig wie ausgeleierte Gummibaender. Die Gelenke werden nicht mehr gestuetzt und der Verfall beginnt oft noch im Teenager-Alter.
Beim klassischen Training in China wurde die Kraeftigung und die Dehnung in verschiedenen Uebungen zusammengelegt. So stellte man sicher, dass die Leistungsgrenze nicht ueberschritten wurde. Man dehnte zum Teil passiv und zum Teil aktiv. Und diese aktive Dehnung war und ist sehr anstrengend. Sie kann sich ueber Stunden hinziehen, da man sie als separate Einheit verwenden kann. Selbst wer keine KK betreibt, erreicht bei dieser Methode einen umfassend flexiblen, starken und widerstandsfaehigen Koerper, der nicht sehr verletzungsanfaellig ist und sich gut regeneriert.
Die Frage, ob man sich besser vor oder nach dem Training dehnen sollte, stellt man sich in China nicht, zumindest nicht beim klassischen Training. Alles bildet eine Einheit.