High-Rep-BWE für Mitochondrien, Bänder, Sehnen und Fettverbrennung

Ich bin von Natur aus ein „Low Rep“-Liebhaber! Das bedeutet, dass ich am liebsten schwer und intensiv trainiere und selten mehr als 8 Wiederholungen pro Satz mache. Eher noch 5 – 6 Wiederholungen. Das hat einerseits mit meinem neurologischen Profil und der Muskelfaserverteilung zu tun, andererseits auch mit meinen Anfängen im Kraftsport als Gewichtheber.

Beim Gewichtheben geht es in erster Linie um Technik und Koordination, da Reißen, Umsetzen und Stoßen motorisch sehr komplexe Bewegungen sind. Hier muss das Timing stimmen, das Gewicht muss im richtigen Moment explosiv beschleunigt werden, das Abtauchen in die Hocke und das Fangen der Hantel muss richtig koordiniert werden.

Gewichtheben ist ein motorisch hochkomplexer Schnellkraftsport, sprich ein gut funktionierendes Nervensystem und die weißen schnellkräftigen Muskelfasern sind dazu wichtig. Diese vertragen keine langen Belastungszeiten, auch ermüdet die Fähigkeit des zentralen Nervensystems zur Rekrutierung der großen motorischen Einheiten (die die weißen Muskelfasern aktivieren) bei Dauerbelastungen relativ schnell.

Kurzum: Die ersten Trainingsjahre habe ich selten mehr als 5 – 6 Wiederholungen bei den Kraftübungen (Kniebeugen, Zugbewegungen, stehendes Drücken usw.) und nie mehr als 1 – 3 Wiederholungen bei den Technikübungen und explosiven Schnellkraftübungen gemacht.

Das hat mein gesamtes Trainingsverhalten geprägt und entspricht nach wie vor meinem neurologischen Profil. Ich bevorzuge deshalb schnellkräftige und explosive Übungen (weshalb ich Sprints, Sprünge und Boxen liebe) oder Krafttraining mit relativ schweren Gewichten (ab 80 % wird es interessant).

High-Rep-Bodyweightexercises

Anfang 2003 kam ich zum ersten Mal mit der brasilianischen Kampf- und Bewegungskunst „Capoeira Angola“ in Kontakt. Ich war damals in Südspanien als Lehrer für Pilates und Körperarbeit in einer Tanz- und Ballettschule tätig, in der auch der Kampftanz Capoeira angeboten wurde. Schnell war klar, dass ich das auch lernen wollte.

Ich war schon seit meiner frühen Jugend von Kampfkünsten begeistert und hatte von Capoeira zwar schon gehört, hatte bislang aber noch nie die Gelegenheit, es selbst auszuprobieren. Es dauerte nicht lange, bis ich täglich mit den Capoeiristas trainieren durfte und da begegneten mir zum ersten Mal Körperübungen mit sehr hohen Wiederholungszahlen (für meine Verhältnisse sehr hoch).

Capoeira basiert auf völlig natürlichen Bewegungsabläufen, die uns sozusagen in die Wiege gelegt sind. Hier kommen im Prinzip alle Bewegungsmöglichkeiten zum Einsatz, die unser Nerven-, Muskel- und Gelenksystem so hergibt. „Du kannst alles machen, was Du machen kannst!“, alles, was möglich ist und im Rahmen Deiner motorischen und konditionellen Kapazität möglich ist, ist erlaubt.

Das typische Kraft- und Konditionstraining bestand aus simplen Übungen, wie z. B. der tiefen Kniebeuge (dem Bodyweightsquat), aus der tiefen Hocke auf allen Vieren nach vorne krabbeln, runter in den Liegestütz usw. Klingt simpel und einfach, das Problem dabei war jedoch, dass ich noch nie zuvor so ein metabolisch anstrengendes Training absolviert hatte.

Ein „Tool“ waren z. B. Bodyweightsquats im Wechsel mit Ginga (die Ginga ist die grundlegende Schritttechnik der Capoeira und besteht praktisch aus einem Ausfallschritt nach hinten) für 5 – 10 Minuten, ohne Pause.

Wie viele Wiederholungen dabei zustande kommen, habe ich nicht gezählt, es geht auch weniger um das Erreichen einer bestimmten Wiederholungszahl, sondern eher darum, eine Ermüdungsresistenz zu entwickeln. Schätzungsweise kommen bei einer solchen Einheit, wenn man einigermaßen geübt und trainiert ist, 250 – 500 oder mehr Wiederholungen zusammen!

Die oxidative Energiebereitstellung und die Fettverbrennung werden trainiert

Training mit solch hohen Wiederholungszahlen und einer Belastungsdauer von mehreren Minuten ohne Pause nutzt vor allem die aerobe Energiebereitstellung der Muskelfasern. Das bedeutet, die Muskeltätigkeit dabei wird immer mehr durch die Oxidation von freien Fettsäuren (die sogenannte Beta-Oxidation) gespeist. High-Rep-Exercises trainieren demnach die Fettverbrennung und den Fettstoffwechsel. Insbesondere in Verbindung mit einer ketogenen Ernährung wird dadurch die Nutzung von Fettsäuren und Ketonkörpern trainiert.

Dafür sind die Mitochondrien, die „Kraftwerke der Zelle“ zuständig. Die Oxidation der Fettsäuren passiert im Inneren der Mitochondrien, wo diese mithilfe von Sauerstoff verbrannt werden. Das Training der Mitchondrienfunktion ist zudem von enormem gesundheitlichen Nutzen, da die Mitochondrien für die Erzeugung unserer physischen Lebensenergie zuständig sind. Das bedeutet, je fitter die Mitochondrien sind, desto mehr Energie haben wir!

Zudem fallen bei der Fettsäurenoxidation zur Energiegewinnung weniger schädliche Stoffwechselabbauprodukte an, was den Körper weniger stark belastet und übersäuert, als bei der anaeroben Kohlenhydratverwertung.

Da für die Oxidation viel Sauerstoff benötigt wird, steigert ein solches Training auch die Sauerstoffversorgung des Körpers, dazu werden mehr Kapillargefäße gebildet, die den Sauerstoff zu den Muskelzellen befördern.

Bänder, Sehnen und bindegewebige Strukturen werden gestärkt und aufgebaut

Das Bindegewebe stellt die größte Gewebegruppe in unserem Körper dar: Knochen, Bänder, Sehnen, Kapseln, Faszien, Haut- und Schleimhautschichten, Gefäßwände gehören zum Bindegewebe. Es verbindet sozusagen alle unsere Organe, Muskeln, Drüsen, ja unseren ganzen Körper zu einer zusammenhängenden Einheit. Bindegewebsschwäche ist eine Ursache für viele Knochen- und Gelenkerkrankungen, Knochenschwund (Osteoporose), Cellulite, Krampfadern u.v.m.

Je stärker unser Bindegewebe ist, desto robuster und widerstandsfähiger ist unser ganzer Körper. Sportverletzungen, abgesehen von Muskelfaserrissen oder -zerrungen finden meistens in den bindegewebigen Strukturen statt. Bei Kraft- und Kontaktsportarten hängt auch die maximal mögliche Leistungsfähigkeit von der Kapazität und Stärke des Bindegewebes ab. Jede Kette ist lediglich so stark, wie ihr schwächstes Glied! Und das ist leider häufig das Bindegewebe.

Training mit sehr hohen Wiederholungszahlen (ab 50 – 100 WH in Folge) und relativ langen Belastungszeiten (ab 2 – 3 Minuten) hat einen direkten Effekt auf die Stimulation der Bindegewebszellen. Sprich, durch „leichtes“ Kraft- und Muskeltraining mit hohen Wiederholungen und längeren Belastungszeiten werden Bänder, Sehnen, Faszien usw. aufgebaut und gekräftigt.

Muskelaufbau durch hohe Wiederholungszahlen

Auch zum Muskelaufbau eignen sich „High-Rep-Bodyweightexercises“! Relativ neue Studien aus der Hypertrophieforschung zeigen, dass sich Muskelwachstum auch durch relativ leichte Trainingsintensitäten von 20 – 30 % der Maximalkraft stimulieren lässt. Wichtig ist dabei, dass die Sätze bis zum Muskelversagen ausgeführt werden.

Wer also keine schweren Gewichte verwenden kann oder Angst hat, sich dadurch zu überlasten oder zu verletzen, kann auch auf diese Weise den Aufbau von Muskelmasse stimulieren. Man könnte denken, dass dadurch hauptsächlich die roten ausdauernden Muskelfasern stimuliert werden, das ist jedoch nicht der Fall: Wird so ein High-Rep-Training bis zum Muskelversagen ausgeführt, werden die weißen und die roten Fasern stimuliert (bei schwerem Krafttraining mit 80% und mehr kommen hauptsächlich die weißen Fasern zum Einsatz).

Ein Vorteil dieser Trainingsform ist, dass es dadurch kaum zur neuronalen Erschöpfung kommt (im Gegensatz zu schwerem Krafttraining mit 90 % oder mehr), weil dazu der Widerstand nicht ausreicht. Der Körper kann sich von der metabolischen Erschöpfung (die Muskelaufbau auf anderen Signalpfaden stimuliert als schweres Training) beim High-Rep-Training bis zum Muskelversagen leichter regenerieren, als von neuronaler Erschöpfung.

Unterwegs trainieren mit High-Rep-Bodyweightexercises

Seit meinem Kontakt mit der Capoeira Angola und der intensiven Zeit in Spanien habe ich den Wert dieser Trainingsform durchaus schätzen gelernt (auch wenn ich trotzdem lieber schwer und schnell trainiere). Gerade auf Reisen, wenn die Umstände und Trainingsmöglichkeiten suboptimal sind, lässt sich damit effektiv trainieren!

Dazu musst Du natürlich nicht unbedingt Capoeirabewegungen machen, Du kannst das High-Rep-System bei nahezu allen Übungen anwenden, außer bei explosiven und schnellkräftigen Übungen (hier kann zu hohes Volumen ebenfalls zu einer neuronalen Überreizung führen, da die neurologische Steuerung und Stimulation ähnlich ist, wie bei schwerem Krafttraining).

High-Rep-Training ist ideal geeignet für

  • Bodyweightexercises wie Kniebeugen, Ausfallschritte, Step Ups, Liegestütze, hängendes BWE-Rudern usw.
  • Übungen mit elastischen Widerstandsbändern wie dem Theraband, die man leicht auf Reisen im Gepäck haben kann
  • improvisierte Gewichte wie ein schwerer Rucksack, Steine, Sandsäcke, zweckentfremdete Stühle und dergleichen
  • Auch für Hantel- und Maschinenübungen eignet sich dieser Ansatz, auch wenn man die auf Reisen eher nicht zur Verfügung hat, aber Du kannst dieses Training auch ganz normal Zuhause oder im Gym ausführen.

Die Resultate

Wenn ich für eine Zeit lang regelmäßig High-Rep-Übungen durchführe, registriere ich jedes Mal eine Verbesserung der „Bodycomposition“, indem überschüssiges Körperfett dahinschmilzt. Auch eine Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens, der Grundlagenausdauer (durch den Trainingseffekt auf die Mitochondrien und Kapillare als auch auf das gesamte Herz-Kreislauf-System) und des Energielevels habe ich oft festgestellt.

Interessant finde ich auch, dass die Kraft bei den großen Hantelübungen dadurch nahezu erhalten bleibt, auch wenn man kein schweres Krafttraining betreibt. Selbst, wenn ich über einige Wochen hinweg nur mit High-Rep-Übungen trainiert habe, konnte ich danach, beim Hanteltraining nach 2 – 3 Einheiten (die der neurologisch-motorischen Anbahnung dienen) schnell wieder meine regulären Trainingsgewichte verwenden.

Vorteile

Mit High-Rep-Bodyweightexercises ist man absolut unabhängig und frei von Trainingsutensilien jeder Art. Du benötigst dazu NICHTS außer Deinem Körper. Du kannst damit im Hotelzimmer, in der Natur, auf Parkplätzen, ja praktisch an jeder Straßenecke trainieren.

Dieses Training bietet eine willkommene Abwechslung zu anderen Trainingsformen, es hat zudem regenerationsfördernden Wert, gerade um Verletzungen auszukurieren und deren Heilung zu beschleunigen. Falls Du also keine andere Trainingsmöglichkeit hast, gerade eingeschränkt bist durch eine Verletzung oder einfach keine Lust auf schweres Eisen hast, dann stellen High-Rep-Bodyweightexercises eine gute Alternative dar.

Nicht zu vergessen: Diese Trainingsform ist unschlagbar, was die Stimulation und Kräftigung des Bindegewebes angeht!

Ein Beispieltraining

Wähle 2 – 3 Übungen aus, wie Kniebeugen, Ausfallschritte und Liegestütze. Damit machst Du ein Zirkeltraining, bei dem die Belastungsintervalle für jede Übung 3 – 5 Minuten dauern. Innerhalb dieser Zeitfenster machst Du so viele saubere Wiederholungen, wie möglich. Du kannst auch ein Rest-Pause-Format trainieren, mit dem Du kurze „Minipausen“ von 10 – 15 Sekunden einlegst, wenn Du nicht mehr kannst.

Das sieht dann folgendermaßen aus:

Runde 1: Zwischen den Intervallen sind 30 – 60 Sekunden Erholungszeit (wer besonders fit ist, kann auch ohne Pause zwischen den Intervallen wechseln)

1. Intervall für Kniebeugen: 3 Minuten TUT
→ 50 WH, kurze Pause (15 Sekunden), 30 WH, kurze Pause, 20 WH = 100 WH  gesamt

2. Intervall für Liegestütze: 3 Minuten TUT
→ 20 WH, kurze Pause, 15 WH, kurze Pause 10 WH = 45 WH

3. Intervall für Ausfallschritte: 3 Minuten pro Bein
→ rechts: 25 WH, Pause, 20 WH, Pause, 15 WH
→ links: 25 WH, Pause, 20 WH, Pause, 15 WH

dann folgt eine etwas längere Pause und Runde 2 beginnt!

Über Deine Erfahrungen und Feedbacks mit High-Rep-Bodyweightexercises freue ich mich. Nutze dazu gerne die Kommentarfunktion unter diesem Artikel.

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