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Machen wir das wirklich?
Unabhängig und frei sein, das verbinden die meisten damit, wenn wir von unserem momentanen Lebensstil erzählen. Nachdem wir die letzten Jahre auf der kanarischen Insel La Palma verbracht haben, mussten wir vor einigen Monaten schweren Herzens unsere schöne Insel verlassen. Der Grund: Ein Notfall in der Familie.
Weil für uns einerseits ein dauerhaftes Zurück ins Saarland, und damit in unsere ursprüngliche Heimat, nur schwer vorstellbar ist, gleichzeitig aber La Palma aufgrund der Entfernung mit unseren drei Hunden aktuell recht unpraktisch ist, haben wir beschlossen, erst einmal die Vorzüge des europäischen Festlandes auszukosten.
Neben Weiter- und Fortbildungen und regelmäßigen Zwischenstopps im Saarland sind wir den Winter über mit unserem alten Wohnmobil und unseren Hunden durch Frankreich, Spanien und Portugal gereist. Nun geht die Reise bald wieder weiter. Ein konkretes Ziel haben wir dabei selten. Wir mögen es, uns treiben zu lassen. Ohne Navi und Smartphone, dafür mit Karte und einer Portion Intuition.
Ihr macht es richtig!
Wenn wir Freunden, Familie oder Bekannten von unserem momentanen Lebensstil erzählen, hören wir recht oft „Ihr macht es richtig!“. Doch machen wir das wirklich? Wollen all die, die uns für unseren Mut und unsere Unabhängigkeit beneiden, wirklich mit uns tauschen? Wisst Ihr, was das bedeutet?
Unabhängig und frei sein und seine Schattenseiten
Wisst Ihr, wie es sich anfühlt, morgens aufzubrechen und nicht zu wissen, wo man abends nächtigt? Ob man einen Campingplatz findet oder auf einen Platz in der Natur ausweichen muss? Wisst Ihr wie es sich anfühlt, stundenlang im Auto zu sitzen und plötzlich durch Gegenden zu fahren, in denen man lieber nicht halt machen möchte?
Könnt Ihr Euch vorstellen, wie es ist, wenn man nur mit einer begrenzten Anzahl an Bekleidung unterwegs ist und nicht weiß, wie lange man damit auskommen muss, weil man nicht weiß, wann wieder eine Waschmaschine zur Verfügung steht, geschweige denn ein Trockner? Selbst Duschen und fließend warmes Wasser wird auf einer solchen Reise zu einem Luxusgut. Wer will das wirklich alles missen?
Und kennt Ihr die Selbstzweifel, die sich bei so einer Lebensweise einstellen? Macht es überhaupt Sinn, so planlos durch die Gegend zu fahren oder ist das alles nur Energie- und damit Zeit- und Geldverschwendung? Ehrlich gesagt, tauchen diese Fragen immer mal wieder bei uns auf.
Das Reisen hat auch seine sonnigen Seiten
Natürlich hat das Reisen auch seine Vorteile. Warum sonst würden wir uns darauf einlassen?! Es erweitert jedes Mal unseren Horizont zu sehen, unter welchen Umständen und Bedingungen Menschen auch leben können. Wir lassen uns gerne von den unterschiedlichsten Landschaften und Klimabedingungen faszinieren. Bewundern die jeweiligen Kulturen, Sprachen und Gewohnheiten. Und fast täglich entdecken wir etwas, von dem wir bisher nicht wussten, dass es überhaupt existiert.
Selbst, wenn es mal nicht so rosig auf unserer Reise zugeht und wir mit Problemen konfrontiert werden, auf die wir gerne verzichten würden (wie z. B. der Totalausfall von Otto), berührt uns die Hilfsbereitschaft, die wir dann erfahren jedes Mal aufs Neue – und zwar unabhängig davon, ob wir die Sprache des Landes sprechen oder uns um jedes Wort abmühen müssen. Das schenkt uns Hoffnung, dass unser Planet und die Menschheit als Ganzes längst nicht verloren ist!
Reisen – und damit frei von alltäglichen Verpflichtungen und Tagesabläufen zu sein – bringt bei uns auch fast immer eine Kreativität in Gang, während der wir Ideen für neue Projekte bekommen und einen unglaublichen Schub an Energie, diese auch in die Tat umzusetzen. Wir sind dann oft selbst überrascht davon, was das Reisen frei zu setzen scheint und das hilft uns dann, in Momenten, in denen es mal nicht so rund läuft.
Ja, die Vorzüge, die das Reisen mit sich bringt, sind unbezahlbar, aber wie alles im Leben hat auch das Unterwegssein eine Schattenseite. All den Komfort, den man zu Hause hat, lässt man dabei hinter sich und man weiß nie, was der nächste Tag bringen wird.
Wer bereit ist, dieses Wagnis einzugehen, der wird vor allem mit einer Extra-Portion Lebensgefühl belohnt. Vermutlich, weil man auf Reisen nicht einfach abschalten und in den Routinemodus abdriften kann. Man weiß nie, was auf einen zukommt, muss immer wachsam und aufmerksam bleiben. Nicht immer angenehm und verdammt anstrengend, aber vermutlich auch genau deshalb fühlt sich Reisen so unglaublich lebendig an. Ein Zustand, für das sich das Wechselbad der Gefühle absolut lohnt – für uns auf jeden Fall.