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Ein schwacher Vastus Medialis (= Kniestrecker) als Ursache für Rückenschmerzen und andere Probleme des Bewegungsapparats verhindern und vorbeugen durch das richtige Training
Knieprobleme, Abnutzungserscheinungen der Hüftgelenke, Fuß- und Beckenfehlstellungen, Rückenschmerzen, Bandscheibenvorfälle und viele andere Beschwerden können vielfältige Ursachen haben.
Es ist nicht immer leicht, die Erstursache einer ganzen Problemkette zu entdecken und diese dann durch die richtigen Maßnahmen zu beheben.
Eine selten beachtete Ursache für sehr viele verschiedene Probleme und Beschwerden im Bewegungsapparat ist eine Muskelschwäche im inneren Anteil des Kniestreckers, im sogenannten Vastus Medialis.
Falls bislang niemand die Ursache für Deine Rückenschmerzen, Knieprobleme, Fehlstellungen der Füße und Hüftgelenke usw. ausfindig gemacht hat, könnte die Lösung in einer Kräftigung des Vastus Medialis liegen.
Aber auch, um solchen Problemen vorzubeugen, Deine Lauf-, Sprint- und Sprungleistung zu verbessern, die Ökonomie und Effizienz Deines gesamten Bewegungsapparates zu steigern und Sportverletzungen, wie auch Fehlbelastungen vorzubeugen, könnte ein solches Training sinnvoll sein!
Der Vastus Medialis (Kniestrecker) – ein schwer zu trainierender Muskel
Der Vastus Medialis gehört zur Gruppe der Quadrizepsmuskeln, also zu den Kniegelenkstreckern auf der Oberschenkelvorderseite. Er befindet sich direkt oberhalb der Kniescheibe im inneren Bereich und wird oft als „Teardrop-Muskel“ in Bodybuilderkreisen bezeichnet, da er, wenn er richtig gut entwickelt ist, an die Form einer „Träne“ erinnert.
Gerade dieser Muskel ist bei vielen Bodybuildern, Kraftsportlern und anderen Sportlern oft „unterentwickelt“, selbst wenn diese viele verschiedene Beinübungen wie Hantelkniebeugen, Beinpresse, Knieextension usw. machen. Das Gleiche gilt neben diesen Sportlern auch für den Rest der Bevölkerung. Doch ein unzureichend entwickelter „Teardrop“ hat weitreichende Folgen.
Ein schwacher Kniestrecker ist die oft unerkannte Ursache für viele Probleme. Um ihn gezielt zu trainieren sind spezielle Übungen nötig. In den „großen Beinübungen“ geht er oft unter bzw. wird von den anderen, meist stärkeren Quadrizepsmuskeln „übergangen“.
Ein schwacher Vastus Medialis (= Kniestrecker) als Ursache für Rückenschmerzen und andere Probleme des Bewegungsapparats
Der Vastus Medialis besteht im Grunde genommen aus zwei Anteilen, dem Vastus medalis longus (VML) und dem Vastus medialis obliquus (VMO), wobei letzterer bei Abschwächung für die meisten Probleme verantwortlich ist, da er der wichtigste Stabilisator des Kniegelenks ist und oft von den Adduktoren (innere Oberschenkelmuskeln, die das Bein von außen nach innen ziehen) „dominiert“ wird.
Zu stark ausgeprägte bzw. verkürzte oder hypertone Adduktoren sind ein häufiger Grund zur „zwangsläufigen Stilllegung“ des VMO und daraus resultierender Abschwächung.
Genau ausgedrückt ist oft eine Überspannung der Adduktoren und eine Abschwächung des Vastus medialis obliquus in Kombination eine häufig vorliegende Problematik! Neben der Dekontrahierung der Adduktoren sollte dann der VMO gezielt aufgebaut werden.
Die Hauptfunktionen des VMO sind neben der Streckung des Kniegelenks eine Stabilisierung und Zentrierung der Kniescheibe und des Kniegelenks.
Kommt es zu einer Abschwächung, neigt man zu „X-Beinen“ und einem erhöhten Gelenkdruck im inneren Bereich, wobei die Kniescheibe dazu tendiert, nach außen zu gleiten. Das führt neben den „X-Beinen“ zu einer Veränderung der gesamten unteren Extremitäten, z. B. zu Platt- und Senkfüßen, Veränderungen der Oberschenkelachsen nach innen, Hüftgelenk- und Beckenfehlstellungen usw.
Dies wiederum bildet dann eine Basis für funktionelle Beinlängendifferenz, Beckenschiefstand, Beckenkippung nach vorne unten, verstärkte „Hohlkreuzbildung“ mit ausgleichender „Buckelbildung“ der Brustwirbelsäule, einer Verlagerung des Kopfes nach vorne.
Langfristig kann all das dann wiederum die Ursache für Bandscheibenschäden, Bandscheibenvorfälle, Meniskusschäden, Arthrose der Fuß-,Knie- und Hüftgelenke und vielen anderen Beschwerden sein.
Ein kleiner Muskel kann, wie so oft, unsere gesamte Statik aus dem Lot bringen und unsere Mechanik derart verändern, dass übermäßige Abnutzungserscheinungen und Verschleiß die Folge sind. Das muss jedoch nicht sein!
Medialis Obliquus (VMO) stärken und trainieren – So geht’s: Eine Übungsanleitung zur Kräftigung der Kniestrecker zum Ansehen
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Der VMO ist für den Endbereich der Kniestreckung und die Stabilisierung des gestreckten Kniegelenks zuständig und zwar im aufrechten Stand, wenn die Hüftgelenke ebenfalls gestreckt sind. Ab einem Gelenkwinkel von 135 bis 150 ° übernimmt der Vastus medialis obliquus die letzte Teilstrecke der vollständigen Kniesstreckung bis ca. 180 °, also bis zum maximal gestreckten Knie.
Sowohl im Alltag, als auch bei vielen sportlichen Bewegungsabläufen und vielen Trainingsübungen, wird genau dieser Teilbereich nur unzureichend eingesetzt. Die meisten Menschen stehen bei vollständiger Kniestreckung mit „durchgedrückten“ Kniegelenken da, so dass der Vastus medialis obliquus komplett entlastet wird und das Gewicht auf dem Gelenk ruht.
Auch bei Trainingsübungen wie Kniebeugen kommt es im oberen Bereich der Kniestreckung immer mehr zu einer Entlastung und Spannngsabnahme des Quadrizeps, insbesondere des Vastus medialis.
Bei der Übung „Beinstrecken im Sitzen“ haben wir das Problem, dass die Hüfte in einer 90°-Beugung ist, was ebenfalls suboptimal ist. Besser wäre z.B. der Sissy Squat, bei dem jedoch häufig der stärkere Vastus lateralis (an der Außenseite des Kniegelenks) dominiert. Die Lösung liegt in einem gezielten Training der letzten Bewegungsstrecke der Kniestreckung, der „terminalen Knie Extension (TKE)“.
Beste Übungen für die Kniestrecker: Low Step Downs und TKE mit dem Widerstandsband sind die Lösung
Wir haben hier zwei Möglichkeiten, von denen die TKE mit Zug von vorne einen guten Einstieg bietet. Insbesondere, wenn es schon Probleme im Knie gibt, kann diese hubarme Variante der TKE anfangs sehr förderlich für die Rehabilitation sein.
Knie-Übung 1: TKE mit dem Band von vorne
Das Widerstandsband befindet sich vor Dir und ist in Kniehöhe gut befestigt. Du steigst in das Band, so dass dieses sicher in der Kniekehle eines Beines positioniert ist und dann gehst Du soweit nach hinten, bis eine gute Spannung auf dem Band ist.
Diese zieht Dein Kniegelenk nach vorne und in einen Beugewinkel von ca. 135 bis 150°. Der Fußballen bleibt am Boden stehen und die Ferse hebt ab.
Nun streckst Du das Knie entgegengesetzt des Bandwiderstands und hältst die Endkonktraktion für 2 – 5 Sekunden.
Da der VMO zu den ausdauernden Muskelgruppen gehört, sollte eine hohe Wiederholungszahl und eine längere Belastungsdauer angestrebt werden. Das fördert auch die Durchblutung und die Regeneration:
2 – 4 Durchgänge zu je 20 – 30 Wiederholungen, bzw. 2 – 3 Minuten Dauer pro Bein
Knie-Übung 2: TKE durch den Low Step Down trainieren
Du stehst mit einem Fuß auf einem Block von 25 – 40 cm oder einer Treppenstufe, je nach Belastbarkeit und senkst Dich langsam ab, bis die Ferse des frei herabhängenden Beins sanft den Boden berührt (die Fußspitze ist nach oben angezogen), dann drückst Du Dich mit dem oberen Bein wieder hoch.
Beim Absenken verlagert sich der Schwerpunkt nach vorne auf den Fußballen, beim Hochdrücken nach hinten auf die Ferse. Du kannst Dir vorstellen, dass Dein Fuß eine „Wippbewegung“ ähnlich wie ein Schaukelstuhl macht:
Beim Absenken schaukelst Du nach vorne, beim Hochdrücken nach hinten. Der Rumpf bleibt währenddessen senkrecht und Du koordinierst Deinen ganzen Körper so, dass der VMO die Hauptarbeit ausführt.
Du spürst die Anstrengung also gezielt in diesem Bereich. Dies ist im Prinzip eine Minikniebeuge auf einem Bein im oberen Teilbereich:
2 – 4 Durchgänge zu je 20 – 30 Wiederholungen, hier bringt oben halten nicht viel, weil keine Zugwirkung von vorne stattfindet
Stufe 3: Die Kombination aus beidem
Hier kombinierst Du den Step Down mit dem Zug eines Widerstandsbands von vorne und erzielst damit eine ziemlich intensive Stimulation von Muskelzuwachs im Vastus medialis obliquus. Diese Variante eignet sich deshalb auch vorzüglich für Bodybuilder!
Steigerungsmöglichkeiten sind ein höheres Podest und ein stärkeres Widerstandsband. Höher als kniehoch sollte das Podest jedoch nicht sein (bzw. der Kniebeugewinkel sollte bei der TKE die 135° nicht unterschreiten), weil es sonst zu einem Umverlagern des Widerstands auf andere Muskeln kommt und wir wollen ja v. a. den Vastus medialis obliquus stimulieren!
Ich würde also hier den Widerstand des Bandes steigern, die Haltephase in der Endkontraktion verlängern und / oder das Absenken verlangsamen und / oder kurz bevor die Ferse des frei herabhängend Beins den Boden berührt isometrische Zwischenstopps einlegen.
2 – 4 Durchgänge zu je 20 – 50 Wiederholungen, bzw. 2 – 4 Minuten Dauer pro Bein
Stufe 4: Für maximalen Muskelzuwachs im Kniestrecker
So, wie Stufe 3, allerdings mit Zusatzbelastung in Form von Gewichtsweste, Kurzhanteln usw.
Fazit: So trainierst und stärkst Du Deine Kniestrecker
Diese Übung zur Stärkung und Kräftigung der Kniestrecker könntest Du 2- bis viermal wöchentlich trainieren, um den Vastus Medialis so richtig aufzubauen und eine Schwäche zu beheben, einer solchen vorzubeugen oder um maximale Muskelmasse im „Teardrop“ zu entwickeln.
Es kann auch Sinn machen, den Vastus medialis obliquus durch eine dieser Varianten „anzuschalten“, also zu aktivieren, bevor Du andere Übungen machst, vor dem Laufen oder dem Sport, wenn es um die Stabilität der Kniescheibe geht.
Du profitierst vermutlich am meisten, wenn Du die TKE im Wechsel mit der Dekontrahierung der Adduktoren und eventuell auch der Hüftbeuger trainierst, so wie ich diese in meinem Buch „Rückenschmerzen selbst behandeln“ beschrieben habe.
Wenn Du das zur Aktivierung machst, solltest Du keine Muskelermüdung provozieren, da dies beim Sport, Laufen, Springen, Gewichtheben usw. nachteilig ist.
Zum Anschalten und Aktivieren machst Du vor Deinem eigentlichen Training als Vorbereitung:
- 2 Durchgänge zu je 5 – 8 Wiederholungen pro Bein, damit es nicht zur Erschöpfung kommt, da Du die Muskeln beim Training in voller Leistungsbereitschaft brauchst!
Nach dem Training kannst dann zum Abschluss die oben genannten Varianten zum Muskelaufbau des VMO und zur Behebung bzw. Prävention einer Kniestrecker-Schwäche anwenden.
Warnung!
Bei bereits bestehenden ernsthaften Beschwerden und strukturellen Schäden im Kniegelenk solltest Du mit einem Experten abklären, ob diese Empfehlungen in Deinem Fall sinnvoll sind oder ob Du besser einen anderen Ansatz wählst!
Medialis Obliquus (VMO) stärken und trainieren – So geht’s: Eine Übungsanleitung zur Kräftigung der Kniestrecker zum Ansehen
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Unfassbar! Derart profundes Wissen habe ich noch nirgends gefunden und ich habe schon sehr, sehr viel gelesen!
Hat mir schon so manches Aha-Erlebnis beschert und echt weitergeholfen.
Tausend Dank – super, super Arbeit, der man sehr viel mehr Verbreitung wünscht, denn hier spricht ein wirklicher Experte.
Vielen Dank Christine, das freut mich sehr zu hören!
Liebe Grüße,
Jens
super link, endlich mal zusammengefasst was sämtliche orthopäden und physios mir nicht erklären konnten
Danke <3!
Gold wert
Gleich ausgedruckt…ich freue mich aufs trainieren
Das freut mich zu hören. Berichte gerne mal, ob Dir die Übung weiter hilft. LG Jens