Viele Fehlhaltungen und Rückenprobleme rühren vom Sitzen her

Zu häufiges Sitzen am Schreibtisch, im Auto oder auf der Couch kann zu Rückenschmerzen führen. Denn der menschliche Bewegungsapparat ist nicht zum ständigen Sitzen gemacht!

Der Mensch ist seit Urzeiten als aufrecht laufender Nomade, Jäger und Sammler unterwegs. Unser Bewegungsapparat hat sich auf den aufrechten Gang und die lang gestreckte Körperhaltung spezialisiert und diese Fähigkeit perfektioniert.

Der zivilisierte Homo Sapiens hingegen wurde in der kurzen Zeitspanne von 50 bis 100 Jahren vom aufrechten Geher zum Dauersitzer! Er ist im wahrsten Sinn des Wortes „sesshaft“ geworden.

Genau hier nehmen viele unserer heutigen körperlichen Probleme, inklusive Rückenschmerzen, ihren Ursprung: Ein Hang zu Übergewicht und völlig aus der Balance geratene Haltungs- und Bewegungsmuster sind nur einige Folgen des dauerhaften Sitzens.

Erfahren Sie hier, wie sich diese moderne Gewohnheit des Sitzens auf die Gesundheit unseres Rückens und der Hüftgelenke auswirkt, und was Sie tun können, um durch Sitzen verursachte Rückenschmerzen zu lindern.

Die Fähigkeit zur aufrechten Körperhaltung hängt vom Gleichgewicht der Hüftmuskeln ab

Die Haltungsmuskeln der Wirbelsäule und des Beckens haben die Aufgabe, uns im aufrechten Stand und Gang entgegen der Schwerkraft zu halten und zu stabilisieren. Das Kreuzbein bildet die Basis der Wirbelsäule und seine Position ist ausschlaggebend für die Aufrichtung und Haltung der gesamten Wirbelsäule, des Oberkörpers und des Kopfes.

Das Kreuzbein befindet sich genau mittig im hinteren Beckengürtel. Seine Position wird demnach von der Haltung des Beckens bestimmt. Die natürliche waagerechte Beckenhaltung ist abhängig von der Balance unserer Hüftmuskulatur. Nur, wenn sich die Streck- und Beugemuskeln der Hüftgelenke in im Gleichgewicht sind, kann sich auch das Becken in seiner natürlichen Position befinden.

verkürzte Hüftbeuger NICHT dehnen, sondern dekontrahieren – Eine Übungsanleitung>>

Die Fähigkeit, unsere Wirbelsäule und den Oberkörper im Stand und beim Gehen vollständig aufzurichten, wird demnach durch die Balance der Hüftmuskulatur bestimmt.

Im aufrechten Stand beträgt der Arbeitswinkel der Hüftbeugemuskeln und der Hüftstreckmuskeln jeweils ungefähr 180°, so hat die Natur es zumindest vorgesehen. Damit haben wir ein muskuläres Gleichgewicht, das im aufrechten Stand eine maximale Streckung der Hüftgelenke und eine aufrechte und lang gestreckte Wirbelsäule ermöglicht.

Sitzen verändert unsere gesamte Körperstatik

Beim Sitzen befinden sich die Hüftgelenke in einer gebeugten Position und der Arbeitswinkel der Hüftbeugemuskeln beträgt 90° oder weniger. Demzufolge befinden sich die Hüftstreckmuskeln in einem Arbeitswinkel von über 270°. Die Hüftbeuger werden dabei „entdehnt“ bzw. angenähert und die Hüftstrecker werden gleichzeitig überdehnt und verlängert.

Bei regelmäßigem und dauerhaftem Sitzen über mehrere Stunden am Tag neigen beide Muskelgruppen dazu, sich an die veränderte Länge und die neuen Arbeitswinkel zu gewöhnen und passen sich dieser Situation an. Die Beuger tendieren dann zu einer Verkürzung und die Strecker zu einer Verlängerung, aus dem Blickwinkel ihrer natürlichen Optimallänge im aufrechten Stand betrachtet.

Würden wir nun sitzen bleiben, käme der Körper damit auch gut zurecht. Das dadurch entstehende Problem zeigt sich erst dann, wenn wir uns aus dem Sitzen erheben und aufstehen. Die neuen muskulären Längen- und Spannungsverhältnisse sind nun nicht mehr optimal für die aufrechten Stand geeignet: Die Hüftbeugemuskeln haben ihre Optimallänge um die Hälfte verkürzt und die Hüftstrecker um das Doppelte verlängert.

Das muskuläre Gleichgewicht, das für die aufrecht stehende Körperhaltung erforderlich ist, existiert nun nicht mehr.

Wir beginnen uns, aus dem Kreuz aufzurichten

Aufgrund dieses veränderten muskulären Gleichgewichts der Hüftmuskeln ist die natürliche Hüftgelenkstreckung von 180° nun erschwert, bis hin zu unmöglich. Das führt auf Dauer zu einer Fehlbelastung der Hüftgelenke, was häufig eine Hüftgelenkarthrose zur Folge hat!

Ein weiterer Nachteil ist, dass nun auch die ursprünglich waagerechte Position des Beckens nicht mehr möglich ist, es kommt zur Beckenkippung nach vorne. Dementsprechend verändert sich dadurch auch die Position des Kreuzbeins, der gesamten Wirbelsäule und des Oberkörpers.

Da wir uns aber dennoch vollkommen aufrichten wollen, kommt es zu einer Überstreckung der Lendenwirbelsäule, was ein sogenanntes „Hohlkreuz“ zur Folge hat.

Bei einer massiv ausgeprägten Hohlkreuzhaltung erhöht sich der Druck auf die Lendenwirbelkörper und die dazwischen liegenden Bandscheiben. Auf Dauer kommt es hier zu Überlastungserscheinungen bis hin zu Schädigungen.

Jetzt lässt sich nachvollziehen, weshalb dauerhaftes Sitzen schlecht für die Wirbelsäule ist und früher oder später zu Rückenschmerzen und Bandscheibenschäden führen kann.

Wirbelsäule

Die Lösung: Stellen Sie die muskuläre Balance der Hüftmuskeln wieder her!

Viele Menschen arbeiten in sitzenden Berufen, so z. B. Büroangestellte, Taxifahrer, Busfahrer usw. Auch Schüler und Studenten sitzen jeden Tag viele Stunden.

Da sich bei den meisten die dauerhaft sitzende Position nicht umgehen lässt, gibt es nur eine Möglichkeit, die beschriebenen Probleme zu beheben oder diesen vorbeugend entgegen zu wirken:

Wir müssen die muskuläre Balance zwischen den Hüftbeuge- und Hüftstreckmuskeln jeden Tag auf eine Neues wieder herstellen, da diese sich täglich beim dauerhaften Sitzen immer wieder neu verschiebt!!

Dazu sind Dehnungsübungen nur bedingt geeignet, da sich die elastische Spannung der Muskelfasern nicht durch dehnen verändern lässt, was mittlerweile mehrfach wissenschaftlich nachgewiesen wurde.

Der einzige Weg besteht darin, ein Muskelverlängerungstraining für Hüftbeugemuskeln zu absolvieren und die Hüftstreckmuskeln in ihrer Streckfunktion zu kräftigen. Idealerweise sollte man das mehrfach täglich für einige Minuten machen, so dass der Körper zwischen den längeren Sitzperioden immer wieder regulierende und ausgleichende Impulse bekommt.

In diesem Artikel beschreibe ich, wie Sie Ihre Hüftbeuger in Verlängerung trainieren können.

Weitere erprobte Übungen zur Kräftigung der Hüftstreckmuskeln und allgemein zur Wiederherstellung des muskulären Gleichgewichts der gesamten Skelettmuskulatur finden Sie in meinem Selbsthilferatgeber „Rückenschmerzen selbst behandeln – Die 5 Minuten Lösung“.

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Dieser Artikel erschien ursprünglich am 26.6.2015 und wurde zuletzt umfassend aktualisiert am 18.05.2020

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