Der schnellste Weg zum Ziel ist nicht immer geradeaus

Es scheint manchmal gar nicht so leicht zu sein, als natürlich trainierender Athlet spektakuläre Muskelmasse aufzubauen und das noch in kürzester Zeit. Aber möglich muss es sein, denn mit Hilfe von anabolen Hilfsmitteln werden ja auch nur die zum Muskelaufbau nötigen Schritte in unserer Körperchemie stark „unterstützt“.

Mit Hilfe von Anabolika kann man sich zum einen mehr Fehler erlauben, z. B. den Körper ins Übertraining zu katapultieren ohne die negativen Effekte zu erwarten, und zum anderen lassen sich auch mit ungünstigen Trainingsansätzen trotzdem Fortschritte machen, der Stoff fängt es einfach auf.

Wer völlig ohne chemische Stützräder unterwegs ist, muss sich hier schon ein wenig bewusster an das Thema Training heran machen. Jedes Zuviel wird „bestraft“, sprich zwingt zur Trainingspause oder blockiert die körpereigenen Aufbauvorgänge. Minderwertige Trainingsansätze bringen nichts oder nicht viel. Immer wieder begegne ich „Phänomenen“, die völlig natural trainieren und in kürzester Zeit über sich hinaus wachsen.

Das hängt auch nicht unbedingt vom Alter ab, bzw. bedeutet nicht zwingend, dass man in den 20ern leichter aufbaut als in den 40ern. Natürlich ändert sich die Hormonlage und je mehr Trainingsjahre man auf dem Buckel hat desto größer ist auch die Möglichkeit von Verletzungen und anderen Dingen, die einen ruhiger machen und nicht mehr so „volle Pulle“ ans Eisen stürmen lassen.

Auch nehmen bei den meisten mit zunehmendem Alter die Verpflichtungen des Lebens zu, wie z. B. Haus abbezahlen, Familie koordinieren, Karriere machen oder 3-4 Schichten fahren usw. Das lässt dann immer weniger Freizeit und Energie zum Training übrig. Hinzu käme dann noch, dass viele der „Größen von früher“ irgendwann keine Lust mehr haben weiter Gas zu geben und regelmäßig zu trainieren.

Was aber, wenn das alles nicht zutrifft, wenn jemand es ermöglicht, sich mit den zunehmenden Lebensjahren weiterhin zu motivieren? Gibt es dann die Möglichkeit als natural trainierender Sportler, der die 30 womöglich schon weit überschritten hat, trotzdem schnell und maximal Muskelmasse aufzubauen? Das müsste möglich sein!

Autoregulation bedeutet, das Training den Umständen anzupassen

Ein kluger Mensch hat mal gesagt „Mit den Umständen ändert sich der Plan“ und das trifft das Konzept der Autoregulation voll auf den Punkt. Der Plan ist schließlich nur ein Plan, ein Hilfsmittel, das uns die Organisation des Trainings eigentlich erleichtern soll.

Doch in vielen Fällen dauert es nicht lange und der Plan hat uns voll im Griff. Wir versuchen mit Gewalt den Plan zu erfüllen und haben womöglich sogar einen schlechten Tag, wenn wir das nicht schaffen. Kommt Ihnen das bekannt vor?

In Kraftsportarten wie Powerlifting und Gewichtheben, wo es ja darum geht in den einzelnen Disziplinen seine Leistung voran zu bringen, ist der Plan oft heilig und ein Verstoß dagegen führt direkt ins verderbende Chaos, so fühlen es zumindest einige. Die Suche nach dem heiligen Gral in Form des perfekten Trainingsplans kann leicht zum ständigen Wegbegleiter werden.

Lineare Periodisierung und DUP

In vielen Kraftsportarten wird schon seit Generationen das Prinzip der linearen Periodisierung praktiziert, was sozusagen dem Plan übergeordnet ist, bzw. genau sagt wie die einzelnen Übungen des Plans wöchentlich progressiv gesteigert werden.

Beispiel:

  • Woche 1: 70% vom Maximalgewicht (1er Max) für 4 Sätze zu je 6 Wiederholungen (WH)
  • Woche 2: 75% vom 1er Max für 5 Sätze zu je 5 WH
  • Woche 3: 80% vom 1er Max für 5 Sätze zu je 4 WH usw.

Diese lineare, progressive Steigerung von Woche zu Woche funktioniert, keine Frage. Allerdings kann es vorkommen, das es Tage gibt, in denen diese Rechnung nicht aufgeht und z. B. in Woche 2 in einer Trainingseinheit keine 5×5 WH mit 75% gehen, obwohl es dafür keinen scheinbar erklärbaren Grund gibt. Was dann? Wieder zurückgehen oder mit weniger Gewicht die 5X5 machen?

Auch stellen sich gerne Plateaus ein, wo man auf der Stelle tritt und sich die Gewichte nicht weiter steigern lassen. Hier kommt schnell Frustration auf, zumindest bei vielen motivierten Sportlern. Man fühlt sich bis zu diesem Ereignis vollkommen richtig mit seinem Plan, man ist auf der Überholspur und dann bremst eine einzige Trainingseinheit alles wieder aus! An dieser Stelle kommt die DUP ins Spiel.

DUP – Daily Undulating Periodisation

DUP bedeutet, dass man nicht von Woche zu Woche strikt linear steigert sondern von Training zu Training: Woche 1, Training Nr. 1: 70% vom 1er Max/ 4×6 WH, Training Nr. 2: 75%/5x5WH, Training Nr. 3: 80%/5x4WH. Dann wiederholt sich das in der nächsten Woche bzw. man fängt im Training Nr. 1 in Woche 2 mit 75%/5×5 WH an und endet in Training Nr. 3 mit 6×3 WH mit 85%.

So werden im Durchschnitt in jeder Trainingswoche höhere Intensitäten verwendet als bei der linearen Periodisierung, gleichzeitig wechseln die Belastungen aber auch von Training zu Training. Laut Statistik hat DUP gewaltige Vorteile gegenüber der linearen Periodisierung: Im Durchschnitt kommt es bei 12-wöchigen Testphasen in der DUP-Gruppe zu Verbesserungen von 25- 50%, bei der linearen Periodisierung meistens nur bis zu 20%. Das spricht ganz klar für DUP.

Allerdings kann es auch hier vorkommen, dass man das vorgesehene Pensum des Plans nicht erfüllen kann und z. B. bei der 3. Trainingseinheit in Woche 2 nicht in der Lage ist mit 85% das vorgesehene Pensum zu erfüllen. Auch hier bietet die DUP etwas Spielraum an: Dann verschiebt sich dieses Training eben in die nächste Woche. Das Konzept des DUP erweitert die Flexibilität der Trainingsplanung und ermöglicht bessere Kraftzuwächse.

Kraftsport führt nicht unbedingt zum Muskelaufbau

Das Ziel des Kraftsports ist, in den einzelnen Disziplinen immer stärker zu werden. Das ist auch ein Ziel des Krafttrainings, das die Grundlage zum Muskelaufbau darstellt. Unsere Muskeln werden eben nur dann stärker und dicker, wenn wir ständig den Widerstand erhöhen, wir wachsen eben am Widerstand.

Wer sich auf einen Gewichtheberwettkampf vorbereitet und am Tag X in den beiden Disziplinen maximal punkten will, muss ein wenig anders trainieren als jemand, der das Hauptziel hat, so schnell wie möglich maximale Muskelmasse zu entwickeln. An dieser Stelle trennen sich die Wege, sei es auch nur für die letzten Meter.

Bodybuilder und Kraftsportler haben unterschiedliche Ziele und auch wenn ein Großteil der Trainingsansätze übertragbar ist, spielt das Gewicht an sich nicht die einzige Rolle, wenn es um reinen Muskelaufbau geht. Das Trainingsgewicht ist hier nicht das Ziel sondern ein Mittel zum Zweck. Eine wöchentlich geplante Steigerung der Trainingsgewichte mag eine Zeit lang auch zum Muskelaufbau funktionieren, aber es ist nicht der einzige Schlüsselfaktor.

Muskelaufbau hat etwas mit Gefühl zu tun

Wer natural trainiert muss auf seine Ressourcen achten! Egal, ob jemand Kraftsportler oder Bodybuilder ist, wenn man keine chemischen Stützräder zur Sicherheit hat, ist es wichtig sich nicht dauerhaft zu überfordern, da man sonst mit Vollgas gegen eine Wand fährt. Dann braucht es wieder eine Weile, bis der Körper sich soweit sortiert hat, dass es mit dem Vorhaben des Muskelaufbaus weitergehen kann.

Unser Nervensystem ist sehr sensibel und reagiert sehr störrisch auf Überreizungen jeglicher Art. Da das Nervensystem alle Vorgänge in und um uns steuert und auch die Produktion sämtlicher Hormone reguliert, sollten wir unser Nervensystem nicht überstrapazieren.

Zu intensives Training, bei dem man mit aller Gewalt den Plan erfüllen will oder bis zur Erschöpfung trainiert, bedeutet letztendlich nur Stress. Stress sorgt für die Ausschüttung von Stresshormonen, wie Adrenalin und Kortisol. Zum Muskelaufbau benötigen wir Wachstumshormone und Testosteron. Stress in minimalen Dosierungen kann deren Produktion fördern, wohingegen häufig erzeugter Stress durch zu hartes Training eher katabol, also abbauend wirkt.

Und genau das beobachte ich immer wieder: Je mehr man es will, desto härter wird trainiert und damit wird die nächste Zwangspause bereits vorbereitet. Es kommt zu Verletzungen oder zu einer Art von selbst herbei geführtem Dauerstress. Dann stellen sich negative Gefühle, Unlust und Verzweiflung ein und die Suche nach einem besseren Trainingsplan beginnt.

Dabei haben wir einen relativ zuverlässigen Kompass an Bord, der uns ganz genau sagen kann, ob eine Trainingseinheit produktiv war oder nicht: Unser gutes Gefühl! Das Gefühl, das Feedback ist der einzig verlässliche Parameter für alle natural trainierenden Leute, die schnell und streßfrei maximale Muskelmasse aufbauen wollen. Das Training darf also nicht zu anstrengend sein, da sich sonst auch kein positives Feedback einstellt. Eine sichere Regel ist, dass man sich während des Trainings und danach besser fühlt als vorher.

Oder noch besser: Man fühlt sich einige Stunden später so, dass man am liebsten noch einmal trainieren würde. Die meisten „Studiobewohner“ praktizieren eher das Gegenteil davon: Nach dem Beintraining kommt man die Treppe nicht mehr hoch oder runter und nach dem Armtraining besteht akute Unfallgefahr, weil die Arme so taub und kraftlos sind, dass man das Lenkrad kaum unter Kontrolle halten kann. Das soll dann ein Parameter für ein erfolgreiches Training sein?

Wer Anabolika nimmt, kann wohl eher so trainieren, weil der Stoff viele negative Auswirkungen des selbst erzeugten Stresses auch abfängt. Wer natural trainiert, sollte solche Massaker selten oder gar nicht anstreben, weil der natürliche Stoffwechsel damit völlig überfordert ist. Es geht also nicht darum, möglichst „hart“ zu trainieren.

Was fange ich jetzt mit all den Infos an?

Die Fachwelt ist sich einig, dass Muskelwachstum in einem gewissen Widerstandspektrum erzeugt wird: Gewichte im Bereich von 65%-85% vom Maximum zeigen hier die besten Ergebnisse. Je nach Athlet würde ich sagen, dass der Hauptteil des Trainings in einem Bereich von 70%-80% des Maximums stattfinden sollte.

Klar, man kann auch mit Gewichten von 60% oder weniger Muskeln aufbauen, wie auch im Bereich von 90%+. Am sichersten ist jedoch die 70-80%-Zone. Die Prilepin-Tabelle, die von dem russischen Gewichthebertrainer und Trainingsforscher A. S. Prilepin erstellt wurde dient uns hier als Grundlage:

ProzentWH / SatzOptimale WH-Zahl gesamtGesamt-WH-Spektrum
<70%3-62418-30
70-80%3-61812-24
81-90%2-41510-20
<91%1-274-10

Da diese Tabelle für Gewichtheber erstellt wurde, die nicht unbedingt den Aufbau maximaler Muskelmasse zum Ziel haben, hat Scott Dixon die Prilepin-Tabelle für Bodybuilder abgewandelt:

ProzentWH / SatzBeste Gesamt-WH-ZahlWH-SpektrumPausenlänge
<70%6-103220-4045-75 sek.
70-80%5-83020-3060-90 sek.
81-90%5-72115-2575-120 sek.
<91%1-274-1090-180 sek.

Wie sich erkennen lässt, gibt es für die unterschiedlichen Prozentbereiche optimale Wiederholungszahlen und Pausenlängen, um maximales Muskelwachstum anzuregen.

(Quelle: www.tnation.com | Prilepin’s Table for Hypertrophy, by Scott Dixon)

DUP und totale Autoregulation

Ich persönlich experimentiere zur Zeit mit einer Kombination, die großflächig dem DUP-Ansatz entspricht, aber genügend Freiraum für eine totale Autoregulation lässt. Die Werte von Dixons Hypertrophietabelle dienen als Rahmenbedingungen.

Beispiel:

Woche 1

  • Training Nr. 1: 65% vom Maximum, Clusterwiederholungen 6+7+6+7+8 WH = 34 WH gesamt. Training Nr. 2: 70% vom Max, Cluster-WH 5+4+5+6+6+5WH = 31 WH
  • Training Nr. 3: 75% vom Max, Cluster-WH 4+4+4+4+5+5WH = 26 WH

Woche 2

  • Training Nr. 1: 70% vom Max, Cluster-WH 5+6+5+6+6+5WH = 33 WH
  • Training Nr. 2: 75% vom Max, Cluster-WH 4+5+6+5+6+5WH = 31 WH
  • Training Nr. 3: 80% vom Max, Cluster-WH 3+4+3+4+5+5WH = 24 WH
  • Training Nr. 4: 72,5% v. Max, Cluster-WH5+5+6+5+6+6+6WH = 39 WH

Die Clustergröße und die Clusteranzahl verläuft vollkommen autoreguliert, so dass sich jede einzelne WH so gut wie möglich anfühlt. Kommt es jetzt vor, dass ich an einem Tag wenig Energie oder Zeit habe, wähle ich entweder ein leichteres Arbeitsgewicht oder mache nur ein leichtes Aufwärmtraining und vertage die „richtige Einheit“ auf einen späteren Zeitpunkt.

Es gibt keine festgelegten Trainingstage und keinen richtigen Plan. Es gibt lediglich ein paar wenige Übungen, die sich für mich am besten anfühlen, die ich über die Woche verteilt in einem autoregulierten Schema trainiere.

Wichtig ist, dass ich mich während und nach dem Training voller Energie fühle und dass keine Erschöpfung oder andere negative Sensationen provoziert werden. Die Disziplin besteht hier darin, es nicht zu übertreiben, sondern die Übung zu beenden sobald sich das „gute Gefüh“ ändert. Das kann sein, dass sich der letzte Cluster irgendwie „unsauber“ anfühlt, die einzelnen Wiederholungen nicht mehr so „explodieren“,dass ich Anzeichen von Müdigkeit spüre oder einfach keine Lust mehr habe.

Jede Übung dauert so ausgeführt, inkl. Aufwärmen ungefähr 10-15 Minuten, je nach Tagesform. Manchmal besteht das Training aus nur einer Übung, manchmal aus drei. An einigen Tagen absolviere ich eine Übung am Morgen und fühle mich abends so voller Energie und Tatendrang, dass ich dann nochmal eine Einheit nachschiebe, die oft noch besser verläuft als die am Vormittag.

Totale Autoregulation ist ein ständiges Experiment und ich habe noch keine Ahnung wo es hinführt. Das Ziel ist allerdings maximaler Muskelaufbau in kürzest möglicher Zeit, ohne Stress oder Verletzungen zu verursachen und irgendwelche Hilfsmittel zu verwenden.

Unsere Empfehlung:

Funktionelles Bodybuilding
Maximale Muskelmasse

von Jens Sprengel

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