Muskelaufbau Wie wichtig ist das Training bis zum MuskelversagenIst das Training bis zum Muskelversagen entscheidend, um Hypertrophie zu stimulieren?

Die meisten Bodybuilder und Fitnesssportler trainieren bis zum Muskelversagen. Das bedeutet, dass ein Trainingssatz erst dann beendet wird, wenn aus eigener Kraft keine weitere Wiederholung mehr möglich ist. Lange galt das Training bis zum Muskelversagen als der wichtigste Schlüsselfaktor, um maximale Muskelhypertrophie zu stimulieren.

Die Höhe der Trainingsgewichte, die Anzahl der ausgeführten Sätze und auch, welche Übungen man verwendet, sollen laut dieser Theorie keine so wichtige Rolle spielen, wie das Erzielen des Muskelversagens.

Dabei stellt sich mir jedoch die Frage, weshalb auch Kraftsportler, wie Powerlifter und olympische Gewichtheber, die im Prinzip nie bis zum Muskelversagen trainieren, dennoch über massive Muskeln verfügen? Dieser Frage wollen wir in den folgenden Abschnitten auf den Grund gehen!

Welche Parameter sind wichtig für die Stimulation von Kraft- und Muskelaufbau?

Wenn es um Kraft- und Muskelaufbautraining geht, existieren mehrere Möglichkeiten, die erwünschten Ziele zu erreichen. Beim Training zur Steigerung der Maximalkraft empfiehlt es sich, mit relativ schweren Gewichten im Bereich von 80-95 % der Maximalkraft zu trainieren, da der Körper sich genau an diese Art der Stimulation anpasst und demzufolge immer stärker wird.

Adaption passiert immer zielgerichtet, und wenn ich besonders gut darin werden will, schwere Gewichte zu heben, dann muss ich genau diese Fähigkeit üben und mit schweren Gewichten trainieren.

Beim Maximalkrafttraining geht es in erster Linie darum, das Zusammenspiel zwischen dem Nervensystem und den Muskelfasern so zu optimieren, dass möglichst viele Muskelfasern gleichzeitig und synchron kontrahieren (intramuskuläre Koordination). Nur so ist maximale Kraftentfaltung möglich. Hier bis zum Muskelversagen zu trainieren trägt nicht zur Verbesserung der intramuskulären Koordination bei, sondern kann sogar nachteilige Effekte haben.

Mein früherer Gewichthebertrainer hat uns immer gestört, wenn wir nach dem regulären Training noch ein paar Sätze bis zum Muskelversagen pumpen wollten. „Männer, hört mit dem Quatsch auf, damit macht ihr euch euer Nervensystem kaputt und ruiniert eure Koordination und Explosivität!“ Niemand in unserem Verein hat Kniebeugen oder andere Kraftübungen bis zum Muskelversagen ausgeführt, dennoch hatten einige der Heber die massivsten Oberschenkel, Rückenstrecker und Schultern, die ich bis dahin gesehen hatte.

Beim reinen Hypertrophietraining gelten andere Kriterien als beim Maximalkrafttraining

Beim Maximalkrafttraining geht es also darum, so viele Muskelfasern wie möglich in die Bewegung miteinzubeziehen. Beim Hypertrophietraining ist das ebenfalls eine Grundvoraussetzung, zu der jedoch noch der Aspekt der Stimulation der rekrutierten Fasern hinzukommt. Denn nur, wenn alle verfügbaren Fasern rekrutiert werden und es dann zu einer Reizung und Stimulation dieser Faser kommt, entsteht das Signal, zusätzliche Muskelmasse aufzubauen. In der Praxis existieren zwei Möglichkeiten, dies zu tun:

1. Hohe mechanische Spannungsbelastung:
Hier wird mit relativ hohen Trainingsgewichten gearbeitet, die eine hohe Muskelfaserspannung erzeugen. Diese hohe Spannung setzt mechanische Reize an den Muskelfasern, die auf intrazellulärer Ebene in chemische Signale (Hormone und andere Botenstoffe) übersetzt werden und eine Kettenreaktion in Gang setzen, deren Endergebnis eine Steigerung der Muskelproteinsynthese bewirkt, wodurch mehr Muskelprotein aufgebaut als abgebaut wird. Dazu sind relativ hohe Trainingsgewichte im Bereich von 70-85 % der Maximalkraft nötig und ein Gesamtvolumen von ungefähr 40-50 Wiederholungen pro Muskelgruppe.

Ab einer Höhe von 80 % ist der Körper gezwungen, schon bei der ersten Wiederholung alle verfügbaren Muskelfasern zu rekrutieren und in die Bewegung miteinzubeziehen, da wir das Gewicht sonst nicht heben können. Im Prinzip ähnelt dies dem zuvor beschriebenen Kriterien zur Maximalkraftsteigerung, wobei hier jedoch das relativ hohe Gesamtvolumen pro Trainingseinheit zur Auslösung von Hypertrophie führt. Die Stimulation der Fasern geschieht durch eine gewisse Ermüdung, die erst durch das hohe Volumen entsteht.

Bei leichteren Gewichten unterhalb der 80-%-Grenze werden nicht alle Muskelfasern zu Beginn eines Satzes rekrutiert, aber je mehr Wiederholungen man damit ausführt, desto mehr Erschöpfung generiert man, weshalb mehr zusätzliche Fasern rekrutiert werden.

Das „Size-Prinzip“ besagt, dass der Körper zu Beginn eines Satzes mit Gewichten unterhalb von 80 % nur die schwächeren Muskelfasern rekrutiert und mit fortschreitender Ermüdung, je mehr man sich dem Punkt des Muskelversagens nähert, immer mehr stärkere Fasern einschaltet, bis schließlich gegen Ende eines Satzes bis zum Muskelversagen alle Fasern rekrutiert werden.

Hier gilt: Training bis zum Muskelversagen ist nur bei Gewichten unterhalb der 80-%-Grenze notwendig, weil es sonst nicht zur vollständigen Muskelfaserrekrutierung kommt, und das ist die Voraussetzung zur Stimulation von Hypertrophie.

2. Metabolischer Stress:
Der Trainingsreiz, der durch metabolischen Stress entsteht, unterscheidet sich von dem der mechanischen Spannungsbelastung. Hierbei geht es darum, die Muskelfasern durch eine Dauerbelastung bis zum Muskelversagen zu erschöpfen, bis alle Energievorräte der Muskelfasern verbraucht sind und es zu einem Mangel an Sauerstoff und Glykogen kommt. Dabei entsteht ein saures Milieu im Inneren der Muskelfasern, was dazu führt, dass der Körper die Muskelproteinsynthese in Gang setzt.

Die Stimulation von Hypertrophie durch metabolischen Stress erfordert längere Belastungszeiten als das Maximalkrafttrainig und das Training mit hoher mechanischer Spannungsbelastung, damit alle Energievorräte innerhalb der Muskelfasern aufgebraucht werden. Ideal sind Belastungszeiten (TUT) von 60-120 Sekunden, innerhalb derer es zum konzentrischen Muskelversagen kommt und man keine weitere Wiederholung mehr aus eigener Kraft ausführen kann. Dazu sind zwangsläufig leichtere Trainingsgewichte nötig, da man sonst nicht auf diese langen Belastungszeiten kommt.

Zudem sollte man bei dieser Methode keine komplexen Mehrgelenkübungen, wie Kniebeugen und Kreuzheben ausführen, weil bei solchen Übungen sehr viele Muskelgruppen am Bewegungsablauf beteiligt sind und es schwierig ist, einzelne Zielmuskelgruppen bis zum Muskelversagen zu trainieren. Darüber hinaus stellt diese Trainingsform bei komplexen Grundübungen eine sehr hohe Gesamtbelastung des ganzen Körpers dar, und man kann sich nicht optimal auf das Erschöpfen einzelner Muskelgruppen konzentrieren.

Muskelaufbau mit und ohne Muskelversagen

Wie wir nun gesehen haben, führen mehrere Wege zur Stimulation von Muskelhypertrophie. Das Training bis zum Muskelversagen macht dann Sinn, wenn die Trainingsgewichte relativ leicht bis moderat sind, da hier nicht alle verfügbaren Muskelfasern bei den ersten Wiederholungen eines Satzes rekrutiert und stimuliert werden.

Bei Trainingsgewichten von 30-75 % der Maximalkraft werden erst gegen Ende eines Satzes, kurz vor dem Punkt des konzentrischen Muskelversagens, alle Fasern rekrutiert. Deshalb ist es sinnvoll, innerhalb dieser Bandbreite bis zum Muskelversagen zu trainieren, bzw. je schwerer die Gewichte werden und je mehr man sich der 80-%-Marke nähert, desto weniger weit braucht man bis zum eigentlichen Muskelversagen zu trainieren.

Bei 70-75 % reicht es meistens aus, wenn man einen Satz 1-3 Wiederholungen vorher beendet, da in den restlichen möglichen Wiederholungen nicht mehr Fasern rekrutiert werden. Bei Sätzen von 30-65 % macht es Sinn, bis zu eigentlichen Muskelversagen zu trainieren, allerdings nur mit Übungen, die keine große systemische Erschöpfung des ganzen Körpers verursachen.

Hantelkniebeugen bis zum Muskelversagen erschöpfen den ganzen Körper zu stark und meistens kommt es vor den Beinmuskeln schon zum Muskelversagen der Rumpfmuskeln oder es kommt zu einer Erschöpfung des Herz-Kreislaufsystems und des Nervensystems. Isolationsübungen und Übungen, bei denen man sich ausschließlich auf die Zielmuskeln konzentrieren kann, eignen sich besser zum Training bis zum Muskelversagen.

Beim Training mit mechanischer Spannungsbelastung und Gewichten im Bereich von 80-85 % der Maximalkraft ist es nicht unbedingt nötig, jeden Satz bis zum Muskelversagen auszuführen. Hier werden schon ab der ersten Wiederholung eines Satzes alle verfügbaren Muskelfasern rekrutiert und die zur Hypertrophie nötige Stimulation der rekrutierten Fasern erfolgt über ein hohes Gesamtvolumen pro Muskelgruppe und Trainingseinheit.

Würde man hier im ersten Satz bis zum Muskelversagen trainieren, könnte dies aufgrund der hohen Trainingsgewichte eine zu starke Erschöpfung verursachen und die Qualität der folgenden Sätze, die zum Erreichen des benötigten Gesamtvolumens erforderlich sind, beeinträchtigen.

Fazit

Training mit schweren Gewichten und hoher mechanischer Spannung stimuliert Hypertrophie durch die erzeugte Spannung in den Muskelfasern bei gleichzeitig hohem Volumen. Ideal sind 40-50 Gesamtwiederholungen pro Muskelgruppe mit einem Widerstand von 80-85 % der Maximalkraft. Ein Training bis zum Muskelversagen ist hier nicht notwendig und kann sich sogar negativ auf den Verlauf der Trainingseinheit und die Regeneration auswirken.

Alle Gewichte unterhalb von 80 % führen bei den ersten Wiederholungen eines Satzes nicht zur Rekrutierung aller Muskelfasern, diese werden erst gegen Ende des Satzes, kurz vor dem Punkt des Muskelversagens, aktiviert. Das bedeutet, je leichter die Trainingsgewichte sind und je weniger komplex die Übungen sind, desto weiter kann und sollte man bis zum Muskelversagen trainieren, um möglichst viele Muskelfasern zu rekrutieren und zu stimulieren.

Beim Training mit metabolischer Erschöpfung entsteht der Hypertrophie auslösende Reiz durch das Erzeugen des Muskelversagens aufgrund metabolischer Erschöpfung und einen Mangel an Sauerstoff und Glykogen, aufgrund der langen Belastungszeiten. In diesem Fall sollte man immer bis zum Muskelversagen trainieren.

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Marion & Jens
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