Es hat eine Weile gedauert, bis ich beim echten Einsatztraining ankam

Seit einigen Monaten experimentiere ich nun mit dem 1-Satz-Training. Ich stehe kurz vor meinem 50. Geburtstag und trainiere seit über 35 Jahren „nonstop“ und habe durch das 1-Satz-Training dennoch ca. 1 – 2 kg Muskelmasse aufgebaut! Das ist für mich persönlich herausragend und ich nehme weder anabole Steroide, noch mache ich eine „Testosteron Replacement Therapie“.

Ein Leben im chronischen Übertraining

Die erste Erkenntnis war, dass ich jahrzehntelang nie richtig regeneriert war! Ich habe seit meiner Jugend immer „alles gegeben“ beim Training, wie auch sonst. Mein intensiver und exzessiver 1B-Charakter neigt zur Übertreibung. So habe ich über 35 Jahre in jedem Training das „maximal mögliche“ ausgeschöpft, anstatt zu schauen, „wie wenig reicht aus“.

Mein Training neu zu gestalten, basierend auf den Erkenntnissen von Chris Beardsley (über die ich diesem Artikel berichte), war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte. Es hat allerdings eine Weile gebraucht, bis ich wirklich beim echten 1-Satz-Training ankam.

Auch „wenig“ Volumen ist immer noch zu viel

Ich habe die letzten Jahre pro Training 5 – 7 intensive Arbeitssätze für jede Muskelgruppe absolviert und dachte schon, das sei niedriges Volumen. Für meine Psyche war es schwierig, wirklich nur einen echten Trainingssatz für jeden Muskel zu absolvieren.

Das bedeutet beispielsweise, dass 1 Satz Kniebeugen bereits einen echten Trainingssatz darstellt für Quadrizeps, Gesäßmuskeln und Adduktoren. Dann bleibt noch ein Satz Beincurls für die Rückseite und noch eine Übung für die Waden und dann war es das für heute! Das Training dauert dann nur noch wenige Minuten und fühlt sich erst mal gar nicht nach „Training“ an.

Oft vergesse ich gefühlt nach der Hälfte des Tages, dass ich am Morgen bereits trainiert habe. Das Körpergefühl ist völlig anders, man ist nicht mehr chronisch erschöpft und übersäuert, man spürt gar nicht mehr, dass man schon trainiert hat! Auch, dass die meisten Trainingseinheiten nur noch 10 Minuten dauern, fühlt sich erst mal seltsam an.

Ich habe mich an das chronische Gefühl der Überforderung und Überstimulation gewöhnt! Man glaubt dann unbewusst, dass das Training nur etwas bringen könne, wenn man sich danach auch so richtig schön „kaputt“ fühlt. Das ist der größte Fehler überhaupt!

Also, ich habe einige Wochen gebraucht, bis ich wirklich nur einen Satz absolvieren konnte und damit im Frieden war. Trotzdem hat sich währenddessen, während ich immer noch 2 – 3 Sätze pro Muskel gemacht habe, mein Wohlbefinden schon deutlich verbessert.

Nachdem ich nach ca. 4 Wochen dann beim echten 1-Satz-Training ankam, war mein Körpergefühl enorm besser, mein Schlaf war erholsamer, meine Verspannungen und die ständigen kleineren und größeren Blessuren verschwanden nach und nach.

Auch die Kraftwerte haben sich sprunghaft verbessert, obwohl mich das schon lange nicht mehr interessiert

Ich habe auch hier eingesehen, dass chronisches Übertraining den Körper vor der eigentlich möglichen Kraftentfaltung bewahrt. Man läuft dann immer auf „Sparflamme“.

Bei echtem 1-Satz-Training ist die Muskelgruppe nach spätestens 48 Stunden regeneriert

Es braucht eine Weile, die Trainingsreize neu zu kalibrieren und dann kommt man in ein ganz neues Fahrwasser. Die Regeneration pendelt sich langsam ein und dann kann man regelrecht beobachten, wie eine Muskelgruppe am übernächsten Tag wieder vollständig einsatzbereit ist. Im wahrsten Sinn des Wortes „einsatzbereit“, also bereit für den nächsten 1-Satz-Stimulus.

Laut Beardsley, könne man bei einem Satz sogar täglich, also alle 24 Stunden trainieren, was ich mittlerweile für deutlich spürbar möglich halte, aber noch nicht gemacht habe. Ich will es auch hier nicht direkt wieder übertreiben und solange ich mich mit einem Satz pro Muskel jeden zweiten Tag gut fühle, habe ich keinen Impuls das zu ändern. Wie gesagt, ich bin mittlerweile 50 und da darf man es entspannter angehen.

Auf jeden Fall habe ich bei allen Übungen sprunghafte Anstiege der Trainingsgewichte, Wiederholungszahlen, Haltedauer usw. registriert. Und das hat sich jeweils so gezeigt, dass es mir immer wieder als „zu leicht“ erschien, es ging mir also nicht darum, möglichst schnell zu steigern.

Bessere Regeneration und mehr Muskelmasse

Ich fühle mich besser, bin stärker geworden und wiege stabil 2 kg mehr, als früher. Und mein Gewicht ist auch seit Jahren relativ stabil, mein Körperfettgehalt ist relativ stabil und auch die Muskelmasse.

Wie gesagt, ich bin 50 und trainiere seit über 35 Jahren „nonstop“ und habe nicht erwartet, dass ich noch viel Muskelaufbau verzeichnen kann. Die 2 kg mehr interpretiere ich als Muskelzuwachs, so wie es sich im Spiegel und an meiner Kleidung zeigt. Ich hatte schon immer wenig Körperfett und daran hat sich nichts geändert, auch habe ich meine Ernährung nicht verändert, die 2 kg sind rein ein Resultat des veränderten Trainings!

Der Schlüssel liegt nach meinem Empfinden in folgenden Aspekten:

  • Regeneration: Die Muskelfasern sind nur richtig stimulierbar, wenn sie ausreichend regeneriert sind, alles andere ist „vergebliche Liebesmüh“!

  • Gezielte Trainingsreize: Das ergibt sich durch ausreichende Regeneration, ich kann erst wieder gezielte und effektive Reize setzen, wenn alle Muskelfasern nach und nach ausreichende Regeneration erfahren.

  • Höhere Frequenz möglich: Die gesteigerte Muskelproteinsynthese als Reaktion auf einen effektiven Trainingsreiz hält maximal für 48 Stunden an und dann sollte idealerweise der nächste Trainingsreiz erfolgen. Das geht nur mit ausreichender Regeneration.

  • Der Körper kommt erst nach Wochen der Umstellung in eine „anabole Stoffwechsellage“: Wer jahrzehntelang chronisch übertrainiert ist braucht mehrere Wochen bis vielleicht sogar Monate, bis der ganze Körper, insbesondere das Hormon- und Nervensystem sich dauerhaft umstellen. Von „chronisch katabol“, überstimuliert und erschöpft auf regeneriert, entspannt, vital und „anabol“. Je länger der Raubbau gedauert hat, umso mehr Geduld und wohlwollendes Mitgefühl dem Körper gegenüber braucht es, um auf „einen grünen Zweig“ zu kommen.

Wie sieht das aktuelle Training aus?

Ich fahre gut mit dem täglichen Wechsel zwischen Oberkörper und Beine. Und ja, ich trainiere seitdem wieder jeden Tag, manchmal 30 Tage ohne Pause.

Vor längerem hatte ich geschrieben, dass ich auf keinen Fall mehr jeden Tag trainiere und das hat sich hiermit wieder geändert. Als ich noch 5 – 7 Sätze pro Muskel absolviert habe, hat der Körper deutlich signalisiert, dass er danach mehrere Tage Pause braucht.

Und das zeigt Beardsley deutlich auf:

  • 5 Sätze pro Muskel benötigen danach mindestens 5 – 6 Tage Regeneration

  • 7 Sätze pro Muskel benötigen danach mindestens 7 – 8 Tage Regeneration

Ich trainiere also wieder täglich, aber dafür extrem minimalistisch und wechsle zwischen Oberkörper- und Beintraining hin und her.

Beispielsweise sieht das so aus:

  • Tag A) Oberkörper = je 1 Satz Dips, Rudern, Seitheben

  • Tag B) Beine = je 1 Satz bulgarische Splitkniebeuge, rumänisches Kreuzheben, Sprünge für die Waden

  • Tag A) Oberkörper = je 1 Satz Fliegende Bewegungen, Klimmzüge, Delta hinten und Trizepsstrecken am Kabelzug

  • Tag B) Beine = je 1 Satz Boxsquat, Nordic Beincurl, Adduktoren am Kabelzug

Und so wechselt es von Tag zu Tag zwischen den Muskelgruppen und von Training zu Training wechseln die Übungen für dieselben Muskelgruppen.

Variation ist wichtiger als Progression!

Ich habe mir für jede einzelne Muskelgruppe zwischen 2 – 6 verschiedene Übungen, bzw. Übungsvarianten ausgesucht. Alles Übungen, bei denen ich die Zielmuskelgruppen gut spüren und mechanisch stimulieren kann.

Dabei handelt es sich um komplexe Muskelkettenübungen, wie Kniebeugen und Dips, aber auch um Isolationsübungen, wie Trizepsstrecken und Beincurls. Es hat Übungen mit Gewichten, wie Kurzhanteln, Gewichtsweste, Hip Belt mit Loading Pin, es gibt reine Bodyweightexercises, Übungen am Kabelzug („die McGyver Do it yourself-Variante“), Übungen mit elastischen Bändern, dynamische Übungen, isometrische Halteübungen usw.

Ostblocktrainingswissenschaftler haben bereits vor 100 Jahren festgestellt, dass es nicht um ständige Progression geht, sondern um Variation, um Abwechslung! Auf diese Weise kann man relativ lange mit denselben Trainingsbelastungen arbeiten, man muss nicht immer alles schwerer machen. Die verschiedenen Arten von Reizen, Übungen, Trainingsmethoden usw. sind der Schlüssel für natürlichen und dauerhaften Erfolg.

Was sonst noch erwähnenswert wäre

Ich nutze seit kurzem gezielte Trainingstechniken, um diesen 1 Satz auch wirklich maximal gewinnbringend zu gestalten. So kann man mit minimalem Volumen trotzdem eine maximal mögliche Stimulation erzeugen. Normalerweise würde 1 regulärer Satz bis zu 50 % der maximal stimulierbaren Proteinsynthese bewirken.

Durch verschiedene Techniken kommt man auf bis zu 70 % und dazu gehören:

  • isometrische Voraktivierung = rekrutieren mehr motorische Einheiten und aktivieren mehr Muskelfasern

    → danach kann man sogar mit relativ leichten Gewichten eine maximale Stimulation erzielen

  • Clustersätze: Mein Favorit für die weißen Muskelfasern sind „5+5+5+5“- Wiederholungen, mit jeweils 30 Sekunden Pause, zwischen den Clustern

  • EQI = „excentric quasi isometric“ – Contraction, das sind superlangsam ausgeführte exzentrische Wiederholungen, bei denen man währenddessen versucht isometrisch zu halten

    → stimuliert sehr viel Muskelaufbau, bei wenig Widerstand und super wenig allgemeinem Stress

  • spezifisches Training für die roten und weißen Muskelfasern: Beide Fasertypen brauchen unterschiedliche Stimulation, das wird ein „Thema für sich“

  • Muskelfaserspezifisches Mitochondrientraining: Ich trainiere schon seit knapp einem Jahr nicht mehr nur auf Muskelaufbau, sondern auch vorrangig auf Effizienz und Gesundheit der Mitochondrien, das sind die „Kraftwerke der Zelle“ und neben dem Bindegewebe unsere „Altersvorsorge“

    → auch dazu mehr an anderer Stelle, diese Themen werden Inhalte ganz spezifischer Seminare und Weiterbildungen

Zum Abschluss

Ich kann sagen, dass ich bei dieser ganzen Geschichte noch relativ am Anfang stehe. Ich habe erst begonnen, meinen Körper auf echtes 1-Satz-Training umzustellen und hätte dieses Wissen auch gern 20 Jahre vorher schon gehabt. Nun, dann ist jetzt das Motto „Fit mit 50“, auch egal. Ich bin jedenfalls froh, dass ich mich körperlich und mental gut fühle mit meinem Training und dass der Körper aufblüht, weil ich ihn aus der chronischen Überlastung befreie.

Ich trainiere jetzt seit über 35 Jahren „nonstop“ und ich war noch nie so zufrieden und im Frieden mit meinem Training. In 90 % aller Fälle hatte das Training einen „fahlen Nachgeschmack“ hinterlassen und ich habe mich ständig gefragt „war das genug, war das der richtige Reiz?“.

Und dieses Fragen kam vermutlich tief aus der Körperintelligenz, die mir signalisiert hat, dass das nicht das Optimum war. Das hatte mich dann lange beschäftigt und ich habe ständig darüber nachgedacht, war auf der Suche nach besseren Lösungen usw.

Ich fühle mich seitdem regelrecht befreit, vom Trainingswahn und es reduziert sich glücklicherweise auf das, was es ist oder sein sollte: Einen effektiven Reiz setzen und es dann loslassen!

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