Über bürokratische Hürden, inspirierende Begegnungen und viel neuen Input

Als ich vor einiger Zeit den Entschluss gefasst habe, andere Menschen beim Sterben zu begleiten, habe ich nicht geahnt, was für ein langwieriger Prozess da auf mich zukommt. In Deutschland braucht man ja wirklich für alles einen Schein, sprich eine Berechtigung, ein Zertifikat sozusagen. Und so habe ich mich schweren Herzens damit abgefunden, erst einmal eine Fortbildung zur Sterbebegleiterin zu machen, bevor ich dann endlich direkten Kontakt mit Sterbenden haben darf.

Denn obwohl ein wenig Theorie und mentale Vorbereitung auf das, was bei einer Sterbebegleitung auf einen zukommt, ja nicht schaden kann, ist Geduld nicht gerade meine Stärke. Ich kann zwar innerhalb kürzester Zeit für eine Idee entflammen, doch wenn es dann nicht schnell genug geht, droht die Gefahr, dass das entfachte Feuer genauso schnell wieder erlischt, wie es sich entzündet hat. Nicht jedoch in diesem Fall …

Die Suche nach einem Kurs gestaltet sich schwieriger als gedacht

Allein die Suche nach einem für mich geeigneten Kurs gestaltete sich langwieriger als gedacht. Denn spannenderweise gibt es hier in der Region Nordhessens einige Hospizvereine, die solche Kurse anbieten. Das machte mir die Entscheidung nicht unbedingt einfacher. Denn nun wollte ich es genau wissen und habe mich bei den verschiedenen Trägern über deren Angebote informiert.

Letztendlich fiel meine Wahl auf die Hospizgruppe in Witzenhausen – und im Nachhinein kann ich sagen, dass das die absolut richtige Entscheidung war. Annette und Christine, beide schon lange in der Sterbebegleitung tätig, organisieren mit viel Herzblut die Kurse für die angehenden Sterbebegleiter. Einmal die Woche treffen wir uns mit rund 15 Teilnehmern für drei Stunden und das zehn Wochen lang. Es herrscht eine offene Atmosphäre, die genug Raum für jeden Einzelnen von uns bietet, für unsere Ängste, Sorgen und bereits erlebten Geschichten mit Tod und Sterben.

Gestern war bereits der 6. Abend (inzwischen ist der Kurs bereits zu Ende … ) und ich freue mich jedes Mal dorthin zu gehen – und das, obwohl meine Ungeduld, endlich in die Praxis einzusteigen, immer noch latent in mir lodert und ich mich anfangs wirklich nicht damit anfreunden konnte, so viel Zeit in Theorie zu stecken, in ein Thema, das man in meinen Augen erleben und erfahren muss statt darüber zu lesen oder zu sprechen.

Aus dem Inhalt des Sterbebegleitung-Kurses

Die Fortbildung, für die ich mich entschieden habe, orientiert sich am Celler Modell, einem offiziellen Leitrahmen zur Vorbereitung Ehrenamtlicher in der Sterbebegleitung. Jede Woche stand ein anderes Thema im Vordergrund. Der Grundkurs ist dabei in folgende Schritte unterteilt:

  1. Einführungseinheit – wir machen uns auf den Weg
  2. Wahrnehmen
  3. Mitgehen
  4. Zuhören
  5. Verstehen
  6. Weitergehen
  7. Bleiben
  8. Abschied nehmen
  9. Aufstehen

Bei uns gab es noch einen 10. Abend, an dem wir die vergangenen neun Treffen Revue passieren haben lassen. Jeder brachte etwas zu essen mit und wir saßen noch in entspannter Runde beisammen.

Wir behandelten dabei Themen wie:

  • Entwicklung und Geschichte der Hospizarbeit
  • Ambulante Strukturen und Arbeitsweisen im Netzwerk
  • Eigene Betroffenheit und Umgehen mit Grenzen
  • Grundlegende Kenntnisse zu Sterben und Tod
  • Kommunikation in der Sterbebegleitung
  • Umgang mit Abschied und Trauer

Ehrlich gesagt, ich hätte nicht gedacht, dass mir so ein Kurs so viel bringt. Doch das hat er definitiv. Nicht nur inhaltlich, sondern vor allem auch menschlich.

Ich habe so viele tolle Leute kennen gelernt. Menschen, denen ich ohne diese Fortbildung vermutlich nie begegnet wäre. Jeder von uns so anders und einzigartig. Durch das Teilen unserer Erfahrungen haben wir uns in unserer Unterschiedlichkeit kennen und lieben gelernt. Dabei haben wir zusammen geweint und noch viel öfter gemeinsam herzlich gelacht. Es lässt sich nur schwer in Worte fassen, was für eine Gruppenenergie bei diesen Abenden entstanden ist.

Ich kann nur jedem, der sich für die Themen Sterben und Tod interessiert, einen solchen Kurs zu besuchen. Was man hier bekommt, ist einfach unbezahlbar.

Im nächsten Artikel berichte ich über meine erste Erfahrungen in der praktischen Phase meiner Fortbildung zur Sterbebegleiterin.

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