Hinterfragen tut gut, denn meistens ist es gar nicht so gemeint
Vermutlich geht es Ihnen ähnlich wie mir. Wenn andere etwas zu mir sagen, höre ich sehr schnell Vorwürfe, Kritik oder Abwertungen in Bezug auf meine Person. Kurz ausgedrückt: ich nehme es persönlich. Ein paar Beispiele gefällig?
Wenn der Partner sagt, dass er den Abend lieber mit seinen Freunden verbringen möchte; die Freundin heute schon eine andere Verabredung hat; oder die Verkäuferin an der Supermarktkasse mein Lächeln nicht erwidert – in solchen Fällen passiert es leicht, dass ich das als Ablehnung gegenüber meiner Person empfinde, mich beleidigt zurück ziehe und vielleicht sogar eingeschnappt zurück feuere:
„Na, wenn du lieber mit deinen Freunden zusammen bist, dann bin ich wohl überflüssig”.
Was zurück bleibt, ist eine schlechte Stimmung (vermutlich sogar auf beiden Seiten) und vielleicht mündet das Ganze sogar in einem Streit. Das muss nicht sein.
Wenn wir den Mut fassen uns in solchen Situationen verletzlich zu zeigen, brauchen wir kein GFK-Experte zu sein, um eine Eskalation zu vermeiden und für einen schöneren Umgang miteinander zu sorgen.
Wir könnten dazu übergehen, unsere Verletzung klar auszusprechen und zu hinterfragen, ob der andere es wirklich so gemeint hat, wie wir aufgefasst haben. So kommen Missverständnisse erst gar nicht zustande bzw. werden ganz schnell wieder aufgeklärt.
Im Fall mit meinem Partner wäre es wahrscheinlich förderlich etwas zu sagen wie: „Wenn ich dich das sagen höre, bekomme ich sofort Angst, dass ich dir nicht genüge und du deine Zeit im Allgemeinen lieber mit deinen Freunden verbringst. Stimmt das? Bist du vielleicht wirklich nicht mehr so froh mit unserer Beziehung?”
Mit großer Wahrscheinlichkeit wird unser Partner nun einwenden, dass er das so nicht gemeint habe, sondern nur, dass er durch einen gelegentlichen Männerabend unsere Zweisamkeit noch viel intensiver genießen kann.
Und, wenn seinerseits wirklich eine Unzufriedenheit bezüglich unserer Beziehung vorhanden sein sollte, wäre es ja auch sinnvoll, wenn diese auf den Tisch käme, oder etwa nicht?
Und wenn wir unseren Mut zusammen nehmen und die Freundin ganz ehrlich darauf ansprechen, dass wir uns ein klein Wenig vor den Kopf gestoßen fühlten, als sie uns so schnell abwürgte und wir gerne wissen wollen, ob sich in ihrem Gefühl zu unserer Beziehung etwas geändert hat, wird sie womöglich irritiert sein, weil das damals gar nicht so gemeint war, sondern sie zu diesem Zeitpunkt einfach keinen Platz für uns hatte, ihr nach wie vor die Freundschaft zu uns aber mehr als wichtig ist.
Im Beispiel mit der Kassiererin an der Kasse ist es vielleicht weniger angebracht unsere Verletzung zu zeigen, dennoch können wir die „Nicht-Erwiderung” unseres Lächelns auch darauf schieben, dass sie vielleicht einen schlechten Tag hatte und ihre Reaktion gar nichts mit uns zu tun hatte. Wer weiß das schon, wenn wir nicht nachfragen?
Was ich damit sagen möchte:
Wir können das Leben für uns und andere angenehmer gestalten, wenn wir nicht gleich immer alles persönlich nehmen (so wichtig sind wir nämlich gar nicht), sondern dann, wenn wir versucht sind etwas persönlich zu nehmen und die Situation es erlaubt, einfach nachzufragen, im Sinne von „Hast du das wirklich so gemeint?“ und dem anderen die Gelegenheit geben das Missverständnis aufzuklären bzw. überhaupt nicht aufkommen zu lassen.
Denn eins sollten wir uns merken:
Meistens ist es anders gemeint, als es ankommt!
Das gilt übrigens für beide Richtungen, soll heißen, wir können davon ausgehen, dass auch beim anderen etwas anderes ankommt, als wir sagen wollten. Es kann daher sehr hilfreich sein, den anderen zu bitten in seinen eigenen Worten zu wiederholen, was er hat uns sagen hören.