Krafttraining braucht auch GefuehlWie Sie mit nur zwei Übungen pro Training den ganzen Körper trainieren

Seit mehreren Wochen experimentiere ich mit einem einfachen, aber sehr gute Ergebnisse liefernden Trainingsplan. Das ganze Programm sieht 4-6 Trainingseinheiten pro Woche vor, die alle den ganzen Körper trainieren und nur 20-30 Minuten dauern. Inspiriert dazu wurde ich durch die Idee der „abbreviate workouts“ von Brooks Kubik, dem Autor von „Dinosaur Training“ und durch den Artikel von Christian Thibaudeau auf der Seite www.t-nation.com.

Kurze Trainingseinheiten mit hoher Frequenz
Die Idee des hochfrequenten Ganzkörpertrainings mit nur wenigen Grundübungen wurde schon zu Zeiten vor der Verwendung anaboler Steroide eingesetzt, um schnell bestmögliche Ergebnisse im Muskelwachstum und Kraftaufbau zu erzielen. Viele Sportler verwenden zu viele verschiedene Übungen in ihrem Training oder wechseln diese alle paar Trainingseinheiten. Dabei betrügen sie sich um eine wirklich progressive Entwicklung, da immer dann, wenn es anfängt schwer zu werden die Übung ausgetauscht wird. Die erfolgreichsten Athleten verwenden in ihrer Trainingskarriere meistens immer dieselben Übungen, nämlich die, die für sie selbst am besten funktionieren. Es gibt keine „Wunderübungen“, sondern nur solche, die für Sie persönlich am besten funktionieren.

Hochfrequentes Ganzkörpertraining mit wenigen Übungen und einem autoregulierten Gesamtvolumen ist eine gute Möglichkeit, für alle natural trainierenden „Hardgainer“, also Leute, die Probleme beim Muskelaufbau haben dauerhaftes Muskelwachstum anzuregen. Viele Sportler haben mit den meisten „handelsüblichen“ Trainingsplänen nicht die gewünschten Erfolge. Der dafür Hauptgrund ist, dass solche Pläne nicht für natürlich trainierende, „normale“ Menschen geeignet sind, weil sie oft von Leuten stammen, die mit Hilfe diverser Dopingmittel trainieren.

Der Plan
Der Trainingsplan besteht aus zwei verschiedenen Trainingstagen, Tag A und Tag B, die im Wechsel trainiert werden und jeweils zwei große Grundübungen enthalten. Das gewährleistet, dass in jeder Trainingseinheit immer der Großteil der Gesamtkörpermuskulatur trainiert wird.

Tag A

1. Der hohe Zug oder „High Pull“
Am Tag A beginne ich mit dem „High Pull“, auf deutsch „hoher Zug“ oder auch 2. Teil der Zugphase beim Gewichtheben. Der High Pull ist eine Kraft- und Explosivübung aus dem olympischen Gewichtheben und wird mit der Olympiahantel ausgeführt. Dabei wird das Gewicht vom Boden oder von der Mitte der Oberschenkel bis auf die Höhe des Brustbeins gezogen. Es handelt sich allerdings nicht um eine wirkliche Zugbewegung mit den Armen, wie beim Langhantelrudern oder dem aufrecht stehenden Rudern. Der High Pull ist eine explosive Ganzkörperübung, bei der die meiste Kraft und Beschleunigung aus der Streckung der Hüft- , Knie- und Sprunggelenke kommt. Die Bewegung ähnelt eigentlich einem Sprung nach oben, bei dem die Hantel sozusagen an den Händen hängt und mit nach oben beschleunigt wird.

Die Arme sind dabei zwar beteiligt, kommen aber eigentlich erst gegen Ende der Bewegung aktiv zum Einsatz, wenn die Aufwärtsbewegung der Hantel, die durch die explosive Hüft- und Beinstreckung initiiert wird, ihr Maximum erreicht. Die Arme ergänzen die Bewegung also erst am Schluss, ein Fehler wäre es, zu früh mit den Arme zu ziehen und die Hüfte nicht vollständig zu strecken. Es handelt sich beim High Pull um eine weiterlaufende Bewegung, die alle Muskelgruppen von den Waden, über die Kniestrecker an der Beinvorderseite, die Hüftstrecker der Beinrückseite, das Gesäß, den gesamte Rücken, besonders die Trapezmuskeln und die Schultern trainiert. Dabei lassen sich recht hohe Gewichte verwenden und der Körper lernt mit dieser Übung als ganze Einheit zu arbeiten. Die Griffbreite beim High Pull ist wie beim Reißen, also ungefähr doppelte Schulterbreite.

Alle Übungen des olympischen Gewichthebens sind sehr komplex und trainieren immer den ganzen Körper am Stück mit dem Schwerpunkt auf der Streckung und Aufrichtung.

Tipp: Um die optimale Griffbreite beim Reißen und beim High Pull zu finden, stellen Sie sich mit der Langhantel in den Händen aufrecht hin. Jetzt greifen Sie so breit, dass die Hantel im Stand in der Hüftbeuge liegt. Das ist auch genau die Stelle, mit der man beim Reißen und Ziehen die Stange durch den Hüft- und Beineinsatz „nach oben schiebt“.

2. Die Frontbeuge
Die Frontkniebeuge ist meine favorisierte Langhantelkniebeuge, wobei ich seit kurzem auch gerne mit Überkopfkniebeugen und Zercherbeugen arbeite. Nähere Beschreibungen der Frontkniebeuge finden Sie hier>>

Tag B

1. Umsetzen und Drücken
Der zweite Tag beginnt mit Standumsetzen aus dem Hang, gefolgt von stehendem Drücken, dem „Military Press“. Dabei wird das Gewicht in jeder einzelnen Wiederholung umgesetzt und dann gedrückt. Das wirkt intensiver auf den Schultergürtel als reines Drücken ohne Umsetzen und der ganze Körper wird dadurch auch stärker mit einbezogen.

2. Wegheben mit der Trapbar
Der Trapbarweghub ist eine Hybridbewegung aus der Powerliftingkniebeuge und dem Kreuzheben. Es ist die ergonomischste Art, schweres Gewicht korrekt vom Boden zu heben, wobei der Trabbarweghub die Vorteile beider Übungen vereint und deren Nachteile minimiert: Die Wirbelsäule und er Rücken werden nicht so stark belastet, dafür geht die Übung aber umso mehr in die Muskulatur der Beine, des Rückens und der Schultern und Arme. Für mich ist der Trabbarweghub eine der besten Ganzkörpergrundübungen die es gibt. Sie kombiniert die Möglichkeit, richtig schwer zu heben, ohne die Nachteile, die passiven Strukturen damit zu überlasten.

Häufigkeit, Gewichte, Sätze und Wiederholungen
Die Idee ist, jeden Tag ein minimiertes Ganzkörpertraining zu betreiben. Im Idealfall ergeben sich so 6 wöchentliche Trainingseinheiten, bei denen ich zwischen den Tagen A und B wechsele. Pause ist entweder am siebten Tag oder dann, wenn es gerade passt oder sein muss. Manchmal ergibt es sich, dass ich schon nach 2-3 Tagen eine Pause einlege, manchmal trainiere ich damit aber auch 10 Tage oder länger am Stück, bevor ein Pausentag kommt.

Das wichtigste Prinzip im Training ist meiner Meinung nach die Autoregulation. Progression ist sehr wichtig, sollte aber der Tagesform entsprechend autoreguliert werden. Die Verbindung zwischen Körper und Geist ist die Grundvoraussetzung für langfristiges und erfolgreiches Training. Champions werden diejenigen, die lernen auf ihren Körper zu hören, diesem Feedback zu vertrauen und ihr Training dementsprechend autoregulieren. Dazu muss man sein Ego gut im Griff haben, was das Training zu einer Möglichkeit der spirituellen und charakterlichen Entwicklung werden lässt.

Die Trainingsgewichte autoregulieren sich selbst: Ich teste zu Beginn eines Trainingszyklus meine aktuellen Maximalgewichte in den entsprechenden Übungen, wobei meine Maximalgewichte nicht das sind, was ich wirklich maximal packen würde. Das mache ich schon lange nicht mehr, denn was bringt es, wenn man mit schlechter Technik, auf eine ungesunde Art und Weise so viel wie möglich bewegt?!

Ich lege sehr viel Wert auf eine mechanisch korrekte Bewegungsausführung, die Kontrolle über das Gewicht in allen Bewegungsabschnitten und ein gutes Körpergefühl während der Übung. Unser Nervensystem reagiert sehr empfindlich auf Stress aller Art. Verwendet man zu schweres Gewicht, bei dem sich die Bewegung schlecht und erzwungen anfühlt und die Technik vom eigentlichen Bewegungsmuster abweicht, entsteht ganz deutlich eine Überreizung unseres Nervensystems, was die Ausschüttung von Stresshormonen nach sich zieht.

Unser Nervensystem speichert und merkt sich alles und wer häufig so trainiert, der sorgt für eine chronische Überforderung und eine innere Abwehrhaltung des Körper dem Training gegenüber. Zudem schleift sich eine schlechte Technik ein, was die Verletzungsgefahr erhöht und eine optimale Stimulation der Muskelfasern erschwert.

Mein Maximum entspricht also ungefähr 90% von dem, was die meisten als ihr eigentliches Maximum erachten würden. Von diesem Maximum ausgehend ist die Bandbreite meiner Trainingsgewichte ungefähr 75-90%. Je nach Tagesform, Zeit und Lust wähle ich bei jeder Übung in jedem Training ein Arbeitsgewicht aus dieser Bandbreite.

Die Gesamtwiederholungszahl mit dem Arbeitsgewicht autoreguliert sich ebenfalls durch die jeweilige Tagesverfassung. Ich versuche mich hier in einem Bereich von 15-40 Gesamtwiederholungen einzupendeln, wobei das Gefühl entscheidet und die Bewegungsqualität entscheidend sind, wie hoch das Gesamtvolumen wird. Wer anfängt auf diese Parameter zu achten, wird oft staunen, wie deutlich der Körper einem signalisiert, wann er genug hat.

So kann es passieren, dass sich an einem Tag ein hohes Volumen mit 85% ergibt und an einem anderen Tag 75% schon schwer sind und das Volumen eher an der unteren Grenze bleibt. Trotzdem bekommt der Körper an beiden Tagen die bestmöglichen Wachstumsreize.

Beispiel:

Getestetes Maximalgewicht zu Beginn eines Trainingszyklus von 3-6 Wochen Dauer: 100kg

→ Hypertrophiebereich = 75-90Kg, damit Clusterwiederholungen in Clustergrößen von 1-6 WH je nach Gefühl.

→ Gesamtwiederholungszahlen = 15-40

Praxis: Zum Aufwärmen taste ich mich mit 2-3 WH pro Satz von der leeren Stange bis in den „Arbeitsbereich“ und entscheide dann mit welchem Gewicht ich meine Cluster mache, z.B. Tag 1: Arbeitsgewicht = 80 kg: 5+5+4+4+3+3 Clusterwiederholungen = Gesamtvolumen von 24 WH, Tag 2: Arbeitsgewicht 75 kg: 10 x 3 WH, Tag 3: 87,5 kg: 8×2 WH usw. Die Pausenlänge halte ich so kurz wie möglich, autoreguliert zwischen 10-45 Sekunden, je nach Übung, Gewicht, Clustergröße usw.

Was ich sonst noch mache
Diese abgekürzten Trainingseinheiten dauern je nach Tempo und Volumen 20-40 Minuten. Wenn es sehr heiß ist oder ich geschlaucht bin, lasse ich mir länger Zeit, dann dauert es manchmal eher 45 Minuten, an anderen Tagen bin ich schon nach 20 Minuten durch. Wenn ich dann noch Zeit und Lust und Energie habe, mache ich danach noch ein paar „Outdoorkomplexe“.

Dabei kombiniere ich 4-6 Übungen im Freien, bei denen ich meistens auch auf Allroundentwicklung und die Bearbeitung meiner persönlichen Schwachpunkte achte.

Momentaner Outdoorkomplex:
Krabbeln vorwärts/rückwärts → Klimmzug+Tuck Leaver an der geraden Stange → Pull Trough mit dem Schlitten → Dips Ringe + L-Sit → Farmers Walk mit 2x20kg Scheiben → Schlitten ziehen vorgebeugt ( trainiert verstärkt die hinteren Beinmuskeln)

Das Ganze wiederhole ich ungefähr 3 mal, wobei auch das autoreguliert wird. Manchmal lasse ich eine Übung weg, mache nur 2 Durchgänge, manchmal aber auch 3-4.

Auch an „trainingsfreien“ Tagen, also an Tagen an denen ich nicht Plan A oder B trainiere, mache ich dennoch einen Teil des Outdoorkomplexes, um aktiv die Regeneration zu fördern. Der Outdoorkomplex dauert auch ungefähr 30 Minuten. Manchmal mache ich das auch erst am Abend, Plan A oder B kommt in der Regel immer morgens 3-4 Stunden nach dem Aufstehen auf nüchternen Magen.

Empfehlungen
Das ist die Art, wie ich zur Zeit trainiere und das variiert auch kaum von dem Training der letzten Jahre. Ich versuche immer eine Basis aus wenigen, für mich gut funktionierenden Grundübungen zu schaffen (das sind bei mir seit ca. 10 Jahren immer dieselben: Frontkniebeuge, Zugbewegungen und Reißen, Stehendes Drücken, Dips, Klimmzüge, Trapbarweghub und manchmal rumänisches Kreuzheben oder Wegheben breit (Reißen) oder mittel (Umsetzen). Ich mache seit über 10 Jahren kein Bankdrücken, keine Kniebeugen hinten, kein Nackendrücken, keine Bizepscurls, kein Latziehen, Beinpressen usw.).

Ich empfehle jedem, sich sein Handwerkszeug, also die für ihn gut funktionierenden Übungen auszuwählen und sich darin zu meistern. Wählen Sie lieber weniger Übungen, die mehr abdecken und die Sie häufiger trainieren.

Das Volumen, Gewicht und die Dauer des Trainings lassen sich nicht wirklich planen. Es gibt zu viele Faktoren, die unsere Tagesform beeinflussen und das Training soll uns schließlich zu unserer Entwicklung dienen. Wir dienen nicht dem Trainingsplan, den es einzuhalten gilt und dessen „Soll“ wir zu erfüllen haben.

Befreien Sie sich von solchen Strukturen und erlauben Sie sich selbst heraus zu finden, was genau Ihr Körper braucht, um sich so gut wie möglich zu entwickeln. Da gibt es keine allgemeingültige, goldene Regel, die jeder einfach nur befolgen muss, in der Hoffnung, dass dann alles gut wird. Ihr „Innerer Coach“ ist der einzige, der Sie langfristig zum Erfolg führen kann!

Bildrechte: Inspiriert-Sein.de © Jens Sprengel Training braucht auch Gefühl

NEWSLETTER --> Kostenlose Inspirationen gefällig?
Durch Anklicken willigst Du ein, dass Deine Daten an unseren Newsletterversanddienst Mailchimp weitergeleitet werden. Datenschutzbestimmungen von Mailchimp>>

Dir gefallen die Inhalte unserer Seite?
Erhalte max. 1-mal pro Woche die besten Tipps zur Ausheilung, Entfaltung und Transformation Deiner Selbst auf körperlicher, emotionaler und geistiger Ebene!!! Kostenlos und unverbindlich!

Wir freuen uns auf Dich!
Marion & Jens
Gelebte Begeisterung - Verkörperte Spiritualität

Jederzeit abbestellbar! * Kein Spam * Bitte beachte unsere Datenschutzbestimmungen. Mit der Anmeldung akzeptierst Du diese.