Einfühlsamer kommunizieren: Beobachtungen sauber formulieren und von persönlichen Beurteilungen trennen – inklusive Übung zum Mitmachen

Kleinste Wortänderungen entscheiden, ob wir bei unserem Gesprächspartner auf Widerstand oder Verständnis stoßen, auch wenn die gleiche Absicht hinter unseren Botschaften steht.

Es macht einen Riesenunterschied, ob ich sage: „Du warst gestern völlig grundlos sauer auf mich“.

Oder: „Als Du mich gestern angeschrien hast, war ich irritiert, weil ich nicht wusste, was Dich so wütend werden ließ.“

In der zweiten Variante trennt der Sprecher ganz klar zwischen dem, was der andere tat und dem, wie er es persönlich auffasste.

Ein guter Schritt in die Richtung gehört zu werden.

Vielleicht bereits aus der ersten Kommunikationsübung bekannt ist, dass Botschaften nicht nur eine Sachinformation transportieren, sondern auch, was wir über den anderen denken.

Deshalb sollten wir nicht nur von moralischen Verurteilungen Abstand nehmen, sondern auch Bewertungen und Beobachtungen klar voneinander trennen.

Reine Beobachtungen formulieren

Als ersten Teil unserer Botschaft sollten wir eine reine Beobachtung abgeben. Beobachtungen sind Tatsachen. Das heißt, es handelt sich dabei ausschließlich um Dinge, die wir filmen oder aufzeichnen können. Alles andere sind Bewertungen.

Beispiele für Beobachtungen:

  1. Wenn Kleider auf der Couch liegen, könnte man das „beweisen“. Schließlich könnte man sie mit einer Kamera festhalten. Dass jemand ein Chaos hinterlässt, kann ich nicht direkt aufzeichnen. Anhand der Bilder kann ich zwar den Schluss ziehen, dass ich den Anblick, der sich mir bietet, als Chaos bezeichne. Dagegen würden andere Menschen vielleicht aber, aufgrund ihrer eigenen Maßstäbe, dieselben Bilder ganz anders interpretieren. Jeder Mensch hat seine eigenen Maßstäbe, die sich vor allem von Kultur zu Kultur, aber auch durch die Prägung des eigenen Umfeldes, stark unterscheiden.
  2. Dass mich jemand dauernd unterbricht, ist keine Tatsache. Tatsache ist dagegen aber, dass er mich in den letzten zwei Sätzen dreimal unterbrochen hat.
  3. Und auch „Du bist doof“ ist nichts, was ich per Video, Tonband oder Kamera festhalten kann. Das, was der andere getan oder gesagt hat und mich den Schluss ziehen lässt, dass er doof ist, dagegen schon. Vielleicht hat der andere mir ein Glas Wein aufs Hemd geschüttet oder ist dem Hund auf den Schwanz getreten. Jemand anders hätte das vielleicht als tolpatschig oder ungeschickt abgetan.

Immer dann wenn wir zu einem Schluss kommen, den andere bestreiten können, dann handelt es sich nicht um eine Tatsache und reine Beobachtung.

Tatsachen sind Fakten, die unwiderlegbar sind.

Als Faustregel können wir uns merken: Wenn uns etwas stört, dann sollten wir ein Gespräch mit Tatsachen beginnen. Also mit Fakten, die der andere nicht widerlegen kann. Wir beschränken uns also darauf, dem anderen mitzuteilen, was er gesagt oder getan hat.

Am besten wäre die genaue Wiedergabe seiner Wortwahl oder die Beschreibung dessen, was er getan hat. Alles, was schwammig und ungenau ist, wird vom anderen leicht abgestritten und dementiert.

Vermeiden wir also, dass es zu solchen Diskussionen kommt. Sie rauben allen Beteiligten Energie und Zeit. Letztendlich gibt es dabei auch niemanden, der Recht oder Unrecht hat, da ja jeder frei darin ist, seine eigenen Grenzen und Maßstäbe zu setzen. Solche Diskussionen sind daher nicht zielführend und eher kontraproduktiv.

Besser wir üben uns im klaren Ausdrücken, von dem, was ist: Was hat der andere getan oder gesagt?

Und dann dürfen wir gerne eine persönliche Bewertung anschließen, in Form von: „Ich finde ….“

Dennoch sollten wir auch hier vorsichtig sein, keine Beschimpfungen und Verletzungen zu verwenden.

Statt zu sagen: „Ich finde, Du bist rücksichtslos, faul oder egoistisch!“, was das Gegenüber leicht als Vorwurf hören kann, sagen wir besser „Ich interpretiere ein solches Verhalten als rücksichtslos, faul oder egoistisch!“. Dabei trennen wir also ganz klar zwischen Verhalten und Person und es wird für unser Gegenüber sich nicht als Ganzes persönlich abgewertet zu fühlen.

Kommunikationsübung: Objektive Beobachtungen äußern bzw. Beobachtung von Bewertung trennen

Entscheide, ob der Sprecher in folgenden Beispielen eine Beobachtung oder Bewertung von sich gibt.

  1. Kind beginnt erst am Vorabend der Klassenarbeit die Vokabeln zu lernen.
    Mutter: „Du lernst mal wieder auf den letzten Drücker.“
  2. Mann kommt erst um 20 Uhr von der Arbeit, obwohl er um 19 Uhr zu Hause sein wollte.
    Ehefrau: „Du bist ein Stunde zu spät, das verärgert mich, weil mir Pünktlichkeit wichtig ist.“
  3. Eine Person läuft über die rote Ampel.
    Ein anderer Passant: „Wenn Sie über die rote Ampel laufen, geben Sie meiner Meinung nach ein schlechtes Vorbild ab.“
  4. Eine Frau liest Zeitung, während ihre Freundin mit ihr redet.
    Die Freundin: „Wenn du mir nicht zuhörst, dann enttäuscht mich das.“

Lösungsvorschläge
zu 1) „Du lernst mal wieder auf den letzten Drücker“ ist keine Tatsache, die ich per Kamera festhalten kann. Hier fühlt sich das Kind leicht bevormundet und hört nicht die Sorge der Mutter.

Besser: „Wenn ich sehe, dass du erst einen Abend vor der Klassenarbeit zu lernen beginnst, mache ich mir Sorgen, ob das nicht zu kurzfristig ist und du dich morgen an die Wörter noch erinnern kannst.“

zu 2) Perfekt. Erst die Tatsache: „eine Stunde zu spät“ und dann die persönliche Bewertung und das eigene Bedürfnis.

zu 3) Perfekt. Über die rote Ampel gehen, ist eine Tatsache. Durch „meiner Meinung nach“ kommt ein persönliches Werturteil zum Ausdruck und keine Verallgemeinerung. Schlechter wäre gewesen: „Wenn Sie über die rote Ampel laufen, geben Sie ein schlechtes Vorbild ab.“

zu 4) Zwar wird hier die vermeintliche Beobachtung von der persönlichen Bewertung getrennt, doch „Wenn du mir nicht zuhörst“, kann von der Gesprächspartnerin bestritten werden. „Ich kann doch wohl in die Zeitung schauen und dir zuhören!“

Besser: „Wenn du in die Zeitung schaust, während ich mit dir spreche, habe ich den Eindruck du hörst mir nicht zu. Bitte schau mir in die Augen, wenn wir uns unterhalten.“

Kommunikationstipp:

Vermeide Verallgemeinerungen wie nie, immer, stets, jedes Mal, häufig, selten usw.
Besser konkret bleiben wie: letzte Woche, gestern, die vergangenen beiden Tage usw.

Vermeide Aussagen wie „du bist“, „er ist“, „sie sind“ oder „ihr seid“,
statt „Du bist faul“, besser „Ich finde, dass du mehr tun solltest.“
statt „Er ist hässlich“, besser „Mich zieht sein Äußeres nicht an.“

Viel Spaß beim Testen.

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Marion & Jens
Gelebte Begeisterung - Verkörperte Spiritualität

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